7.2

Erfahrungen mit der Umsetzung von inklusiven Aktivitäten in der Kinder- und Jugendarbeit – ausgewählte Praxisbeispiele

Zur Veranschaulichung der theoretischen Orientierungshilfen und Leitindikatoren zur Umsetzung von Inklusion dienen Erfahrungen aus vier Modelleinrichtungen. Alle vier Modellstandorte sind Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und Mehrgenerationenhäuser in der Trägerschaft des Kreisjugendrings Esslingen e.V. Ergänzt werden diese Darstellungen durch Erfahrungen mit Projekten des Kreisjugendrings Rems Murr e.V.

Mithilfe leitfadengestützter Interviews wurden die jeweiligen Einrichtungsleiter*innen zu ihren Erfahrungen mit der Umsetzung inklusiver Vorhabens befragt. Der Interviewleitfaden ist entsprechend der oben dargestellten Phasen aufgebaut, bezieht aber auch noch andere Themen mit ein (beispielsweise Fragen nach dem Auslöser der Teilnahme an dem Modellvorhaben, Fragen nach vergangenen Erfahrungen mit inklusiven Aktivitäten usw.).

In einigen Modellstandorten zeigte sich im Gespräch, dass die oben genannten Phasen nicht immer systematisch in der dargestellten Reihenfolge durchlaufen wurden. Daraus ableitend sollte der Umsetzungsprozess keineswegs als lineare Abfolge verstanden werden. Viele Aktivitäten und Schritte können parallel ablaufen. Ferner kann ein „Einstieg“ in das Vorhaben durchaus auch bereits in Phase 2 oder 3 erfolgen. Entsprechend der kontinuierlichen Evaluation der Aktivitäten muss der Prozess also stets als zirkulär begriffen werden, so dass der Einstieg nicht an die Vorgaben in Phase 1 gebunden ist.

Eine weitere wichtige Erkenntnis ist, dass in den Modellstandorten völlig unterschiedliche Vorgehensweisen und Aktivitäten umgesetzt wurden. Dabei wird erkennbar, dass es kein unmittelbares „Patentrezept“ gibt, sondern eine Bandbreite an innovativen und kreativen Vorhaben besteht. Zudem decken sich die Erfahrungen in den Mehrgenerationenhäusern nicht unbedingt mit den Erkenntnissen aus den Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Schließlich zeigt die Untersuchung auch, dass die verschiedenen Modelleinrichtungen unterschiedliches Gewicht auf die einzelnen Aktivitäten in den verschiedenen Phasen des Umsetzungsprozesses legten und somit der Umfang der Erfahrungen in den einzelnen Phasen unterschiedlich ausfällt.

Bevor nun im Folgenden die dokumentierten Praxiserfahrungen ausführlich dargestellt werden, sollen aber zunächst die Motive zur Teilnahme an dem Modellprojekt sowie die Auslöser für die Umsetzung inklusiver Aktivitäten kurz erläutert werden:

Hintergrund der Beteiligung an dem Modellvorhaben waren in allen Modellstandorten bereits bestehende Erfahrungen mit der Integration behinderter Menschen im (Regel-)Betrieb bzw. erste Erfahrungen mit inklusiven Angeboten. Vor dem eigentlichen Startpunkt der Modellerprobung liegen in allen Einrichtungen teilweise auch schon längere Erfahrungen mit verschiedenen inklusiven Aktivitäten vor. Insbesondere bei den Mehrgenerationenhäusern kommt hinzu, dass man die Entscheidung zur Umsetzung von Inklusion als Teil des Selbstverständnisses dieser Einrichtungen betrachten muss. Aufgrund der konzeptionellen Vorgaben handeln diese Einrichtungen ohnehin und unabhängig von dem durch den Träger (Kreisjugendring Esslingen e.V.) initiierten Modellvorhaben nach dem Diversity-Ansatz. Demnach stellt das Thema Inklusion/Vielfältigkeit eine Selbstverständlichkeit bzw. das Grundprinzip der Mehrgenerationenhäuser dar. Entsprechend gibt es im Grun- de keine Alternative zum Inklusionsparadigma.

Da sich alle Einrichtungen also bereits vor dem Beginn des Modellvorhabens mit dem Thema befassten, konnten die beteiligten AkteurInnen auf ein breites Repertoire an Erfahrungswerten zurückgreifen. In zwei Einrichtungen brachten die Leiter*innen zudem Erfahrungen mit Menschen mit Behinderung und entsprechendes Handlungswissen aus ihrem vorherig ausgeübten Beruf mit.

Unabhängig von diesen Erfahrungen können dennoch drei „Auslöser“ bzw. „Motive“ genannt werden: Erstens wurden die Einrichtungen zum Zeitpunkt des Projektstarts unmittelbar oder auch schon bereits vermehrt von BesucherInnen mit Behinderung aufgesucht. Entsprechend lag ein aktueller Planungs- und Handlungsbedarf in den jeweiligen Einrichtungen vor. Dieser Bedarf bezog sich dabei sowohl auf projektspezifische Angebote (beispielsweise Angebote des Sommerferienprogramms) als auch auf regelmäßig stattfindende offene Aktivitäten. Weiterhin spielte der Bedarf an Freizeitmöglichkeiten und Betreuung von Seiten der Eltern behinderter Kinder und Jugendliche eine Rolle. Die Umsetzung inklusiver Aktivitäten sollte daher auch der Familienentlastung dienlich sein. Zuletzt stellte aber auch das eigene persönliche Interesse der Mitarbeiter*innen eine Schlüsselrolle für die Beteiligung am Modellvorhaben dar.

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Vorgehensweise bei der Umsetzung von Inklusion in der Kinder- und Jugendarbeit
7.1 Leitindikatoren für die Prozessgestaltung 7.1.1 Phase 1: Mit dem Index beginnen 7.1.2 Phase 2: Die Einrichtungssituation beleuchten 7.1.3 Phase 3: Einen inklusiven Plan entwerfen 7.1.4 Phase 4: Den inklusiven Plan in die Praxis umsetzen 7.1.5 Phase 5: Den Index-Prozess evaluieren 7.2 Erfahrungen mit der Umsetzung von inklusiven Aktivitäten in der Kinder- und Jugendarbeit – ausgewählte Praxisbeispiele 7.2.1 Der Beginn des Prozesses: Bildung von Inklusionsteams, Auftaktveranstaltungen, Planung der Unterstützung (Phase 1 und 2) 7.2.2 Wichtige Rahmenbedingungen und Voraussetzungen bei der Planung und Gestaltung sowie erste konkrete Aktivitäten (Phase 3 und 4) 7.2.3 Den Prozess nachhaltig unterstützen und evaluieren (Phase 5)
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