Zur Umsetzung von Inklusion liegen in anderen Arbeitsfeldern mittlerweile Handreichungen und praktische Implementierungshilfen vor, die allesamt unter dem Oberbegriff „Index für Inklusion“ entstanden sind. So gibt es einen Index für Inklusion für den Bereich Schule (Booth, Ainscow 2000/2002, deutsche Übersetzung durch Boban, Hinz 2003), einen Index für Inklusion für Kindertagesstätten (Booth, Ainscow, Kingston 2006) und einen kommunalen Index für Inklusion (McDonald, Olley 2002; Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft 2010/2011). Diese Implementierungshilfen dienen als Grundlage für die eigene Reflexion und zielen auf eine praxisnahe Umsetzung des inklusiven Gedanken in verschiedenen Institutionen. Zwar sind diese Instrumente im Kontext spezieller Institutionen entwickelt worden, der Aufbau des Index sowie die inhaltlichen Anregungen eignen sich jedoch durchaus für einen Transfer in die Kinder- und Jugendarbeit. Eine besondere Relevanz hat die dem Index für Inklusion zugrundeliegende Unterteilung in „inklusive Strukturen“, „inklusive Praktiken“ und „inklusive Kulturen“. Demnach gelingt eine erfolgreiche Umsetzung von Inklusion nur dann, wenn gleichermaßen inklusive Strukturen (z.B. Barrierefreiheit), inklusive Praktiken (z.B. spezielle Angebote, Unterstützungsformen) und inklusive Kulturen (z.B. organisationale Leitbilder, Sensibilisierung sowie Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter*innen) geschaffen werden. Der Index für Inklusion ist dabei gleichzeitig ein Orientierungsleitfaden als auch Instrument zur Selbstevaluation für inklusive Vorhaben.
Zusammenfassend verweist die Dreigliedrigkeit des Index für Inklusion auf die Notwendigkeit einer mehrdimensionalen Umsetzung. So sind einerseits strukturelle Weichen zu stellen, gleichzeitig müssen aber auch entsprechende Konzepte entwickelt werden, die eine Teilhabe verschiedener Personengruppen innerhalb einer Gemeinschaft, Organisation oder Institution ermöglichen. Und zum Dritten sind Bildungsprozesse anzustoßen, die eine inklusive „Kultur“ innerhalb dieser Gemeinschaften, Organisationen oder Institutionen entstehen lassen. Exemplarisch werden die drei Dimensionen in der folgenden Abbildung aus dem Index für Inklusion in Kindertagesstätten dargestellt:
Die Dimensionen und Bereiche im Index
Dimension A: Inklusive Kulturen entfalten
Bereich A.1 Gemeinschaft bilden
Bereich A.2 Inklusive Werte verankern
Bei dieser Dimension geht es um die Bildung einer sicheren, akzeptierenden, kooperativen, anregenden Gemeinschaft, in der jeder geschätzt wird als Grundlage für die Entwicklung von Spiel und Lernen. Gemeinsame inklusive werte werden entwickelt und allen neuen Mitarbeiter*innen, Kindern, Leitungen und Eltern vermittelt. Die Prinzipien und Werte der inklusiven Kulturen sind leitend für alle Entscheidungen über Strukturen und die Alltagspraxis, so dass die Entwicklung ein kontinuierlicher Prozess wird.
Dimension B: Inklusive Leitlinien etablieren
Bereich B.1 Eine Einrichtung für alle entwickeln
Bereich B.2 Unterstützung von Vielfalt organisieren
In dieser Dimension durchdringt Inklusion als Leitbild alle Pläne für die Einrichtung. Leitlinien unterstützen die Partizipation der Kinder und Mitarbeiter*innen von Anfang an, bemühen sich darum, alle Kinder in der Gemeinde zu erreichen und Ausgrenzungstendenzen so gering wie möglich zu halten. Alle Leitlinien beinhalten klare Strategien für inklusive Veränderung. Als unterstützend werden alle Aktivitäten erachtet, die die Fähigkeit einer Einrichtung, auf die Vielfalt der Kinder einzugehen, erhöhen. Aller Arten von Förderung sind in einem einzigen Bezugsrahmen vereint.
Dimension C: Inklusive Praxis entwickeln
Bereich C.1 Spiel und Lernen gestalten
Bereich C.2 Ressourcen mobilisieren
Bei dieser Dimension geht es um Aktivitäten, die inklusive Kulturen und Leitlinien widerspiegeln. Die Aktivitäten reagieren auf die Vielfalt der Kinder unf Jugendlichen in der Einrichtung und ihrer Umgebung. Die Kinder werden ermutigt sich einzubringen, indem sie auf ihr Wissen und ihre Erfahrungen außerhalb der Einríchtung zurückgreifen. Die Mitarbeiter*innen erkennen materielle und individuelle Ressourcen, solche der Leitungsgremien der Träger und der Fachaufsicht/Fachberatung, der Kinder und Jugendlichen, der Eltern und des sozialräumlichen Umfelds, die mobilisiert werden können, um Spiel, Lernen und Partizipation zu fördern.
Diese beispielhafte Darstellung verdeutlicht, wie auf verschiedenen Ebenen gearbeitet werden muss, um Inklusion in einer Einrichtung, Organisation oder Gemeinschaft umzusetzen. Bevor ein Transfer dieser drei Ebenen auf die Kinder- und Jugendarbeit erfolgt, werden die drei Dimensionen des Index für Inklusion nochmals ausführlich beschrieben.