FLINTA

FLINTA ist wie LSBTIQA* ein Akronym, also ein neues Wort aus den Anfangsbuchstaben von anderen Wörtern. FLINTA steht für Frauen, Lesben, Inter(geschlechtliche) Personen, Nicht-binäre Personen, Trans* Personen und Agender Personen. Unter diesem Akronym organisieren sich Menschen, die diskriminiert werden, weil sie Frauen sind oder weil sie nicht in eine Gesellschaft passen, in denen es nur Frauen und Männer gibt und jeder Mensch eines dieser beiden Geschlechter haben muss. In den meisten Gesellschaften stellt man sich den ‚normalen‘, ‚gesunden‘, ‚vernünftigen‘ Menschen als einen heterosexuellen Mann vor. In solchen Gesellschaften werden Frauen, Lesben und alle Menschen diskriminiert, die keinem der zwei Geschlechter entsprechen. Obwohl sich FLINTA-Personen für Gleichberechtigung einsetzen, gibt es auch unter FLINTA-Personen immer noch weniger Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderung.

Das Akronym steht für eine Reihe von Personen(gruppen), die gemeinsam haben, dass sie in einer patriarchalen, zweigeschlechtlichen Gesellschaft aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert werden, sei es bezogen auf den Körper, die Geschlechtsidentität oder den Geschlechtsausdruck. Teilweise wird auch die kürzere Variante FLINT verwendet. Die Buchstaben stehen für:

F  Frauen
L  Lesben
I   Inter(geschlechtlich) Personen
N  Nonbinäre/nichtbinäre Personen
T  Trans* Personen
A  Agender Personen

Unter Frauen werden hier Menschen verstanden, die als Frauen gelesen und entsprechend behandelt werden, unabhängig von der Frage, wie die Personen sich selbst identifizieren. Diese Definition richtet sich also nicht unbedingt nach der Selbstdefinition der jeweiligen Individuen. Das liegt daran, dass das Akronym in Kontexten entstanden ist, die vormals als Frauenräume bezeichnet wurden und die als Räume konzipiert wurden, in denen sich Frauen jenseits patriarchaler Strukturen bewegen, organisieren und neu erfinden können sollten. Daher geht es um Menschen, die von patriarchaler Diskriminierung betroffen sind und dies sind in erster Linie Personen, die als Frauen gelesen werden oder die nicht in das binäre Geschlechtermodell passen. Lesben werden der Sichtbarmachung halber in einer heteronormativen Gesellschaft gesondert erwähnt. Zudem gibt es Lesben, die den Begriff nicht nur als Bezeichnung ihrer sexuellen Orientierung, sondern als eigene Geschlechtsidentität verstehen. Agender steht für Menschen, die sich mit keinem Geschlecht identifizieren und die Kategorie Geschlecht (für sich) ablehnen. Auch inter/intergeschlechtliche, nichtbinäre, trans* und agender Personen werden in einer zweigeschlechtlichen patriarchalen Gesellschaft diskriminiert und daher wurden zahlreiche ehemals reine Frauenräume solidarisch für diese Gruppen geöffnet. Teilweise wird für solche erweiterte Frauenräume auch das Sternchen verwendet: ‚Frauen*‘ oder ‚Mädchen*‘ in Mädchenräumen.

Ähnlich wie das Akronym LSBTIQA* ist das Akronym, das sich auf anti-patriarchale Schutzräume bezieht und regeln soll, wer dort willkommen ist, daher ständig in Bewegung und erweitert sich. Dabei bleibt es jedoch Gegenstand von Kontroversen, ob diese Öffnung erwünscht ist; so gibt es eine Strömung des sogenannten TERF-Feminismus, (‚trans exclusionary radical feminists‘), also von cis Feministinnen, die insbesondere trans* Frauen nicht als Frauen anerkennen und daher aus Frauenräumen ausschließen wollen. Diese Kontroverse begann bereits in den 1970er Jahren und wird immer wieder anhand von verschiedenen Frauenräumen neu aufgelegt, z.B. anlässlich des ‚Michigan Womyn’s Festival‘ in den USA oder des Lesbenfrühlingstreffens in Deutschland. Streitpunkt war ursprünglich die Frage, wie ‚Frau‘ definiert werden sollte: via Geburtsgeschlecht, anatomischem Geschlecht, Personenstand, Sozialisation, Geschlechtsidentität, im Alltag gelebten Geschlecht, wie eine Person im Alltag gelesen wird, …? Das FLINTA-Konzept geht jedoch über die Definition ‚Frauenraum‘ hinaus und hier stellt sich eher die Frage, wer einen Schutzraum vor patriarchalen Strukturen benötigt, z.B. ausschließlich Menschen, die Diskriminierung erfahren, weil sie als Frauen gelesen werden oder auch Menschen, die nicht in die zweigeschlechtliche Norm passen, bzw. umgekehrt wer eigentlich (cis-)männliche Privilegien genießt und daher keinen Zugang erhalten sollte.

Wie auch beim Akronym LSBTIQA* bezieht sich der Begriff FLINTA lediglich auf die Dimensionen Geschlecht und sexuelle Orientierung und nicht auf andere Formen von Diskriminierung. Insofern ist auch hier diskussionswürdig, inwiefern es sich hierbei wirklich um ‚Schutzräume‘ oder ‚safe spaces‘ handelt, da es auch unter FLINTA-Personen weitere Formen der Diskriminierung gibt, wie Rassismus, Klassismus, Ableism usw. So werden Frauenräume und die Frauenbewegung auch seit Jahrzehnten von Frauen mit Behinderung auf ihre ableistischen Perspektiven und Ausschlüsse hin kritisiert. Daher ist es wichtig, dass auch ein safe/r space wie ein feministischer, Frauen- oder FLINTA-Raum nicht automatisch frei von Machtverhältnissen, Diskriminierung oder struktureller Gewalt ist, sondern vielmehr ein Raum ist, in dem Herrschaftsverhältnisse kritisch reflektiert werden können, auch die eigenen Ausschlussmechanismen.


Literatur

  • Eggli, Ursula (2005): Frau, Lesbe, behindert, Unterschicht – ein wunderbares Leben! In: Curaviva, H. 12, S. 2-4.
  • Ewinkel, Carola u.a. (1985): Geschlecht: Behindert – Besonderes Merkmal: Frau. Ein Buch von behinderten Frauen. München: AG SPAK, 2. Auflage.
  • FaulenzA (2017): Support your sisters, not your cisters. Über Diskriminierung von trans* Weiblichkeiten. Münster: edition assemblage.
  • Hoenes, Josch (2004): Identitäten in Frauenräumen. In: Kofra. Zeitschrift für Feminismus und Arbeit, 22. Jg., H. 107: Transgender und Feminismus, S. 7-8.
    Online unter www.kofra.de/…, Stand: 20.09.2022
  • Kokits, Maya Joleen/Thuswald, Marion (2015): gleich sicher? sicher gleich? Konzeptionen (queer) feministischer Schutzräume. In: Femina Politica, H. 1, S. 83-93.
  • Pearce, Ruth/Erikainen, Sonja/Vincent, Ben (2020): TERF wars: An introduction. In: The Sociological Review Monographs, 68. Jg., H. 4, S. 677-698.