Behinderung

Unter dem Begriff Behinderung versteht man, dass ein Mensch aus verschiedenen gesundheitlichen Gründen sein Leben nicht alleine nach seinem Wunsch leben kann. Das können körperliche Gründe sein, z.B., dass ein Mensch einen Rollstuhl braucht. Oder es können geistige oder psychische Gründe sein, z.B. dass ein Mensch deshalb Angst hat, alleine das Haus zu verlassen. Eine Behinderung dauert lange oder bleibt das ganze Leben. Der Mensch kann durch diese Behinderung dann auch nicht so an der Gesellschaft teilnehmen, wie er es möchte. Deshalb braucht dieser Mensch Unterstützung oder Hilfe von anderen Menschen. Oft liegt es auch daran, dass die Gesellschaft vor allem für Menschen ohne Behinderungen gebaut ist und die anderen dann alleine Probleme haben.

Eine Person gilt als behindert, wenn sie aufgrund eines gesundheitlichen Problems oder einer Krankheit das eigene Leben nicht alleine gestalten kann und/oder ihr die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben erschwert ist. Zur Behebung, Milderung bzw. Verhütung von Verschlimmerung benötigt die Person Hilfe von Außenstehenden.

Die UN-BRK geht bei dem Begriff von Menschen aus, die „langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können“ (Art. 1 UN-BRK). Wurde laut WHO-Definition vor 2005 noch zwischen „impairment“ (Schädigung), „disability“ (Funktionseinschränkung) und „handicap“ (soziale Beeinträchtigung) unterschieden, so ändert sich in der neuen Klassifikation der Fokus weg von der Defizitorientierung und hin auf den Begriff der Inklusion, also auf die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an verschiedenen Lebensbereichen. Demnach ist ein Mensch behindert bzw. in seiner Funktionsfähigkeit beeinträchtigt, wenn er aufgrund eines gesundheitlichen Problems oder einer Krankheit die für ihn wichtigen Lebensbereiche nicht mehr so gestalten kann, wie es für ihn ohne diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen möglich wäre.

Laut dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zeichnet sich „Behinderung nicht durch individuelle Eigenschaften […] aus, sondern vielmehr durch Barrieren in der Umwelt und durch negative Einstellungen bei den Mitmenschen“. Eine ähnliche Begriffsdefinition findet man innerhalb der Convention on the Rights of Persons with Disabilities (CRDP), wonach es vor allem gesellschaftliche Barrieren sind, die Menschen mit Behinderungen in ihrer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe behindern. Diese Definition beschreibt noch zusätzlich, dass Menschen nicht behindert sind, sondern behindert (gemacht) werden. Ziel der Rehabilitation und heilpädagogischer Unterstützung ist somit in erster Linie nicht, die (beispielsweise) körperliche Funktionsfähigkeit zu verbessern, sondern mehr die Partizipation am sozialen Leben zu unterstützen.

Innerhalb der deutschen Gesetzeslandschaft liegen bei der Feststellung von Behinderung vorrangig medizinisch diagnostizierbare Beeinträchtigungen vor. Grund hierfür ist, dass in leistungsrechtlichen Zusammenhängen eindeutige Kriterien gewonnen werden müssen, die einerseits die Zuteilung von Ressourcen legitimiert, andererseits die Lebenslage Behinderung von anderen Lebenslagen abgrenzt. Im Neunten Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen) §2 Abs. 1 und im Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen §3 gelten solche Menschen als behindert, die „körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung […] liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht“ (SGB IX Art. 1 § 2 Absatz 1).

Bei den Arten der Behinderung wird in körperliche, geistige, seelische als auch teilweise in soziale Behinderung unterschieden. Während der Begriff „körperliche Behinderung“ eine Reihe schwerwiegender, meist lebenslanger Beeinträchtigungen umfasst, die den Menschen vor allem in seiner Bewegungsfähigkeit infolge einer angeborenen oder erworbenen Schädigung einschränkt, ist die „geistige Behinderung“ ein Zustand von verzögerter oder unvollständiger Entwicklung der geistigen Fähigkeiten. Diese manifestieren sich hauptsächlich in der Entwicklungsperiode und tragen zum Intellivenzniveau bei. Als seelische Behinderung wird ein langfristiger oder andauernder Folgezustand einer psychischen Erkrankung bezeichnet, der die Ausübung sozialer Funktionen und Rollen beeinträchtigt. Neben diesen Arten von Behinderung wird zusehends häufiger auch die bisher noch nicht anerkannte „Soziale Behinderung“ diskutiert. So gehen viele Pädagog*innen davon aus, dass es sich dabei um die weitaus größte Behinderung handelt. Dabei haben die betroffenen Menschen vor allem Erschwernisse in sozialen Beziehungen mit Familie, Bekannten- und Freundeskreis und in der Öffentlichkeit.

Die Verwendung des Begriffs Behinderung wird heutzutage von einigen Seiten infrage gestellt. Demzufolge wird auf die gesellschaftliche Stigmatisierung und Diskriminierung verwiesen, die der Behinderungsbegriff für Menschen mit sich bringe. Für andere ist der Begriff eine neutrale Bezeichnung und Beschreibung der Lebensverhältnisse. Immer öfter wird auch zwischen den Begriffen Behinderung und Beeinträchtigung unterschieden: Beeinträchtigungen sind die körperlichen und gesundheitlichen Erscheinungen einer Behinderung, wie beispielsweise eine chronische Krankheit, Lern- und Sprachschwierigkeiten oder motorische und psychische Beeinträchtigungen. Der Begriff der Behinderung deutet eher auf die soziale Dimension hin: Menschen mit Beeinträchtigungen werden durch Barrieren und Hürden, die in der Gesellschaft existieren, in ihrer Lebensführung mit ihren Beeinträchtigungen ge- oder auch behindert und erfahren erst dadurch Ausschluss und Diskriminierung in ihrem Recht auf Teilhabe.

Weltweit leben mehr als eine Milliarde Menschen mit einer Behinderung. In der Bundesrepublik Deutschland leben nach dem dritten Teilhabebericht der Bundesregierung im Jahr 2017 insgesamt 13 Millionen Menschen mit einer anerkannten Behinderung. 7,8 Millionen gelten als schwerbehindert. Die meisten dieser Behinderungen entstehen im Erwachsenenalter zwischen 55 und 75 Jahre. Der Anteil der Menschen mit Behinderungen unter 15 Jahren fällt mit 1,8 Prozent eher gering aus.


Literatur

  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) (2021): Dritter Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen. Teilhabe – Beeinträchtigung – Behinderung.
    Online unter www.bmas.de/…, Stand: 26.07.2022
  • Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) (2022): Definition von Behinderung.
    Online unter www.bmz.de/…, Stand: 26.07.2022
  • Cloerkes, Günther (2007). Eine Einführung. 3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Heidelberg: Universitätsverlag Winter.
  • Deutsches Institut für Menschenrechte (2008): Behindertenrechtskonvention.
    Online unter www.institut-fuer-menschenrechte.de/…, Stand: 15.10.2013
  • Egen, Christoph (2020): Was ist Behinderung? Abwertung und Ausgrenzung von Menschen mit Funktionseinschränkungen vom Mittelalter bis zur Postmoderne. Bielefeld: transcript.
  • Fürstler, Gerhard/Hausmann, Clemens (2000): Psychologie und Sozialwissenschaft für Pflegeberufe, Klinische Psychologie, Behinderung, Soziologie. Band 2.. Wien: Facultas Verlag.
  • Metzler, Heidrun (2011): Behinderung. In: Otto, Hans-Uwe/Thiersch, Hans (Hrsg.): Handbuch Soziale Arbeit. 4., völlig neu bearbeitete Auflage. München/Basel: Reinhardt Verlag, S. 101-108.
  • United Nations (2022): Convention on the Rights of Persons with Disabilities (CRPD).
    Online unter www.un.org/…, Stand: 28.07.2022
  • Welti, Felix (2011): Behinderte Menschen. In: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. (Hrsg.): Fachlexikon der sozialen Arbeit. Baden-Baden: Nomos Verlag, S. 88.
  • WHO (2011): Weltbericht Behinderung.
    Online unter www.bar-frankfurt.de/…, Stand: 26.07.2022