LSBTIQA*

LSBTIQA* ist ein Akronym. Ein Akronym sind die Anfangsbuchstaben von Wörtern, die zusammen ein neues Wort bilden. LSBTIQA* steht für Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Trans*, Intergeschlechtlich, Queer, Asexuell und *. Das Sternchen bedeutet, dass man hier noch mehr Wörter dazusetzen kann. Als LSBTIQA* bezeichnen sich Menschen, die nicht heterosexuell sind und die nicht an die gesellschaftliche Einteilung in die zwei Geschlechter Frau und Mann glauben. Früher hieß es auf Deutsch nur LSB – also Lesbisch, Schwule und Bisexuelle. Mit der Zeit kommen aber immer neue Begriffe dazu, weil immer weitere vormals unsichtbare Gruppen sich Gehör verschaffen. Unter LSBTIQA* organisieren sich Menschen, die die gleichen Rechte wie heterosexuelle Menschen haben wollen. Dadurch, dass all diese unterschiedlichen Menschen zusammen in der Gesellschaft sichtbar werden, können sie stärker und besser ihre Rechte einfordern. Menschen mit Behinderungen sind allerdings auch unter LSBTIQA*-Menschen oft noch unsichtbar. Auch Menschen mit Behinderungen können LSBTIQA*-Menschen sein.

Das Akronym LSBTIQA* steht für eine Auswahl von sexuellen und Geschlechtsidentitäten, die nicht den Vorgaben der heteronormativen Zweigeschlechtlichkeit entsprechen. Das Akronym begann mit LSB für lesbisch, schwul und bisexuell. Im Laufe der Zeit wurden weitere Buchstaben hinzugefügt, um mehr Facetten sexueller Vielfalt jenseits der gesellschaftlichen Normen sichtbar zu machen. Da sich immer wieder neue Identitäten entwickeln bzw. artikulieren und Gehör verschaffen, ist dieser Prozess nicht abgeschlossen und es können in der Zukunft noch weitere Buchstaben hinzukommen (oder neue Dachbegriffe entstehen). Einige aktuell durchaus gebräuchliche Selbstbezeichnungen wie pansexuell sind beispielsweise auch nicht im Akronym enthalten. Daher steht das Sternchen als Platzhalter für weitere Möglichkeiten.

Es gibt aktuell verschiedene Varianten des Akronyms, die zirkulieren. Die hier vorgestellte Version steht für:

Lesbisch
S  Schwul
B  bisexuell
T  trans*
I   intergeschlechtlich
Q queer
A asexuell
*  (Platzhalter)

Gebräuchlich ist auch die Englisch-sprachige Variante, die sich nur in einem Buchstaben unterscheidet: LGBTIQAA*; statt S (schwul) findet sich dort ein G (gay). Zudem wird manchmal ein zweites A für ‚Allies‘ (übersetzbar mit ‚Verbündete‘) aufgenommen. Dies zeigt auf, dass auch heterosexuelle Cis Menschen sich solidarisch mit LSBTIQA*-Menschen verhalten und politisch verbünden können. So sind z.B. Cis-Partner*innen von trans* Personen häufig auch an den Kämpfen für die Rechte von trans* Personen aktiv beteiligt.

Hinter dem Akronym verbergen sich also gleichzeitig nicht-heteronormative sexuelle Orientierungen sowie Körper und Geschlechtsidentitäten jenseits der Norm der Zweigeschlechtlichkeit. Die potenzielle Stärke eines solch breiten Dachbegriffs liegt darin, für Solidarität unter den darunter versammelten Menschen zu stehen. So standen die englischen Begriffe ‚gay‘ und ‚queer‘ ursprünglich allgemein für die ‚Abweichung‘ von der heteronormativen Zweigeschlechtlichkeit und zu Beginn der sogenannten Gay Liberation im Anschluss an Stonewall fanden sich darunter noch Lesben, Schwule und trans* Personen vereint. Schnell differenzierte sich die Bewegung jedoch aufgrund von Sexismus und Transfeindlichkeit in den eigenen Reihen in getrennte lesbische, schwule und trans* Communitys/Bewegungen aus. Das Akronym hingegen betont die Gemeinsamkeiten in einer heteronormativen Welt und ermöglicht so Allianzen. Gleichzeitig liegt darin die Gefahr, dass unter dem großen Dach die innerhalb der eigenen Communitys selbst marginalisierten Gruppen nicht genügend Beachtung finden, was insbesondere von der inter Community immer wieder zu Recht kritisiert wurde und wird. Auch stellt sich die Frage, welche Identitäten und Körper überhaupt in den Buchstaben repräsentiert werden, denn egal wie lang das Akronym werden sollte, es wäre nie vollständig; was ist z.B. mit Butches, Femmes, nicht-binären Personen, Drag Queens/Kings, Tunten usw.? Auch ändern sich Selbstbeschreibungen laufend, sodass das Akronym wohl am besten als ein ‚work in progress‘ zu verstehen ist, das umstritten und ergebnisoffen bleiben muss, um abzubilden, dass Identitäten und Normen immer im Wandel bleiben. Nicht zu vergessen ist auch, dass hier rassistische, klassistische, ableistische, usw. Ausschlussmechanismen, die es auch innerhalb von LSBTIQA* Communitys gibt, nicht abgebildet werden.

So finden sich Menschen mit Behinderungen genauso wie Menschen ohne Behinderungen hinter jedem der Buchstaben, sind aber noch wenig sichtbar als LSBTIQA*, weil ihnen zahlreiche Barrieren das selbstbestimmte Ausleben nicht normgerechter sexueller und geschlechtlicher Identitäten erschweren. Gleichzeitig haben sie sich immer ihren Platz in den LSBTIQA* Communitys erstritten, wie z.B. in Deutschland mit der ‚Freak Show‘, einem mehrmals stattfindenden Treffen von Lesben und Schwulen mit Behinderung im (ehemals schwulen) Tagungshaus ‚Waldschlösschen‘ oder in England in der Drag-Truppe ‚Drag Syndrome‘. Die Geschichte und der Beitrag von LSBTIQA* Menschen mit Behinderungen wird in Zukunft hoffentlich noch besser erforscht, dokumentiert und sichtbar gemacht werden.


Literatur

  • Bauer, Robin (im Erscheinen): Queer-theoretische Perspektiven auf sexuelle und Geschlechter-Diversität: Eine kritische Auseinandersetzung mit Heteronormativität in der Sozialen Arbeit. In: Sauer, Karin u.a. (Hrsg.): Gender & Diversity in der Sozialen Arbeit. Springer VS.
  • Drag Syndrome (o.J.): Freshly fierced! Drag collective featuring highly addictive queens & kings with down syndrome.
    Online unter www.dragsyndrome.com/…, Stand: 30.11.2021
  • Eggli, Ursula (2005): Frau, Lesbe, behindert, Unterschicht – ein wunderbares Leben! In: Curaviva, H. 12, S. 2-4.
  • Leidenschaft.org (o. J. ): Erfahrungsberichte. Die Freak-Show.
    Online unter www.leiden-schaft.org/…, Stand: 20.10.2022
  • Timmermanns, Stefan/Böhm, Maika (Hrsg.): Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt. Interdisziplinäre Perspektiven aus Wissenschaft und Praxis. Weinheim/Basel: Beltz Juventa.