Wirkungsorientierung

Wirkungsorientierung bedeutet, dass man darauf achtet, dass Angebote, Projekte, etc. in der Sozialen Arbeit auch etwas bewirken. Das macht man zum Beispiel dadurch, dass Angebote der Sozialen Arbeit überprüft werden. Oder man stellt Kriterien auf. Kriterien sind Punkte, die erfüllt sein müssen, damit ein Projekt als richtig oder wirksam gelten kann. Wenn man wirkungsorientiert arbeitet, versucht man Angebote und Projekte so zu gestalten, dass sie eine Wirkung haben. Z.B. gibt es ein Projekt, das die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen verbessern will. Wenn es das tut, hat es gewirkt. Es gibt verschiedene Modelle, die bei der Überprüfung helfen, ob ein Projekt oder eine Maßnahme gewirkt hat oder wirksam war. Es gibt aber auch Kritik an solchen Modellen. Die sagen, dass man nicht alles überprüfen und messen kann. Und manchmal hat eine Maßnahme gewirkt, obwohl sie ganz anders gedacht war. Deswegen ist es schwierig und aufwändig, Wirkung in der Sozialen Arbeit oder in der Arbeit mit Menschen zu überprüfen.

Der Begriff der Wirkungsorientierung beschreibt das Anliegen, Angebote, Leistungen, Projekte, Methoden oder auch Strukturen der Sozialen Arbeit anhand bestimmter Kriterien im Hinblick auf die intendierte Wirkung (gemeint ist meist die Zielerreichung) zu überprüfen und für den Fall, dass die gewünschte Wirkung nicht gemessen werden kann, eventuell zu verändern oder zu ersetzen.

Zu unterscheiden sind dabei die drei Begriffe Wirkung, Wirksamkeit und Wirkungsorientierung. Unter Wirkung versteht man den Effekt, die Folge oder die Auswirkungen eines Angebots, einer Leistung oder eines Projekts im Einzelfall. Bezogen auf das Thema Inklusion würde dies z.B. bedeuten, dass ein Projekt die Teilhabe von einzelnen Menschen mit Behinderung nachweislich verbessert. Wirksamkeit ist hingegen die insgesamte Geeignetheit eines Angebots, einer Leistung, eines Konzeptes oder des gesamten Systems im Hinblick auf das Erreichen der angestrebten Ziele, d.h. das Potenzial, die intendierten Wirkungen umfassend und dauerhaft erzielen zu können. Bezogen auf das Thema Inklusion wäre dies die Frage, ob eine Verbesserung sozialer Teilhabe umfassend und nachhaltig gelingt (z.B. im Sozialraum). Wirkungsorientierung ist hingehen die Fokussierung auf die Überprüfung von Wirkungen und Wirksamkeit.

Die Debatten zu Wirkung, Wirksamkeit und Wirkungsorientierung in der Sozialen Arbeit sind eng verbunden mit der Evaluationsforschung sowie mit den Begriffen Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität (als Teil des Qualitätsmanagements). Strukturqualität bedeutet: das Angebot/die Maßnahme erfüllt bestimmte (vorab definierte) Standards, z.B. die Fachkraftquote, die Ausstattung, Räumlichkeiten, usw. Die Prozessqualität bezieht sich hingegen auf die Art der Leistungserbringung (z.B. Art der Unterstützung). Lediglich die Ergebnisqualität bezieht sich auf Wirkungen, d.h. es wird das Erreichen der intendierten Ziele gemessen. Struktur- und Prozessqualität sind allerdings meist wesentliche Voraussetzungen für Ergebnisqualität.

Gerahmt werden die Debatten zur Wirkungsorientierung zudem von verschiedenen Begrifflichkeiten, wie Input, Output, Outcome und Impact, die in der Literatur allerdings nicht immer einheitlich verwendet werden (siehe hierzu die unteren Wirkungsmodelle). Gemeinsam ist allen Deutungen jedoch, dass der Nachweis von fachlichen Standards wie Fachkraftquote, Ausstattung oder Anzahl der Teilnehmenden sowie in die reine Zufriedenheit der Adressat*innen noch keine Wirkungen sind. Diese ‚Nachweise‘ werden mit den Begriffen Input oder Output umschrieben und lassen sich der Struktur- und der Prozessqualität zuordnen. Auf der sogenannten ‚Wirkungstreppe‘ (vgl. Kurz/Kubek 2018) spricht man erst bei den Begriffen Outcome oder Impact von Wirkungen, was grob vereinfacht die Realisierung vorab festgelegter Ziele bedeutet. Dies sind beispielsweise die Veränderung der Lebenslage, Einstellungen oder Verhaltensweisen einer bestimmten Zielgruppe oder darüberhinausgehende Effekte, etwa eine positive Entwicklung im Gemeinwesen oder auch Kosteneinsparungen in anderen Bereichen.

Eine wirkungsorientierte Steuerung bedeutet demzufolge, z.B. Angebote zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen im kommunalen Raum regelmäßig zu evaluieren und basierend darauf Anpassungen dieser Angebote vorzunehmen. Für die Kinder- und Jugendhilfe wird eine derartige Qualitätssicherung in den §§ 77ff SGB VII auch rechtlich vorgeschrieben und näher ausgeführt. An den entsprechenden Prozessen sind in der Regel mehrere Akteure beteiligt (z.B. Kinder- und Jugendhilfeträger, Stadtverwaltung, Adressat*innen), die sich sowohl über die Ziele und Kriterien, anhand derer die Wirkung überprüft wird, als auch bezüglich der Methoden und Indikatoren zur Wirkungsmessung verständigen müssen.

Zur Beantwortung dieser Fragen wurden bereits mehrere Wirkungsmodelle entwickelt, von denen hier nur einige kurz vorgestellt werden sollen:

  • Ökonomische Wirkungsmodelle haben sich vor allem in der Betriebswirtschaftslehre entwickelt und unterscheiden üblicherweise drei zentrale Ebenen: Den Input (1) von Ressourcen, z.B. von Zeit und Arbeitsmitteln, den Output (2) von Leistungen, z.B. Angebote für Kinder und Jugendliche und dem Outcome (3), also die durch den Output erzielten Wirkungen, z.B. die Steigerung von Fähigkeiten und Verwirklichungschancen bei Kindern und Jugendlichen.
  • Sozialwissenschaftliche Wirkungsmodelle – wie beispielsweise dasjenige von Kettiger und Schwander (2011) – erweitern die Wirkungskette des ökonomischen Modells dadurch, dass auf der Seite der Wirkung zusätzlich zwischen Effects, Impacts und Outcomes unterschieden wird. Mit Effects sind die direkten Auswirkungen der Leistungserbringung (bzw. des Outputs) bei den jeweiligen Individuen gemeint, also z.B. die Teilnahme einer Jugendlichen an einer Jugendfreizeit. Die Impacts beschreiben die subjektiven Auswirkungen der Angebote bei den Teilnehmenden, also z.B. die (Lern-)Erfahrungen der Teilnehmenden der Jugendfreizeit. Dagegen bezeichnen die Outcomes die indirekten gesellschaftlichen Wirkungen der Angebote, bezogen auf die Jugendfreizeit z.B. die positiven Wirkungen freizeitbezogener Angebote im Jugendalter für das gesellschaftliche Zusammenleben. Damit weist das sozialwissenschaftliche Modell darauf hin, dass bestimmte Effekte bei den Individuen oder auf gesellschaftlicher Ebene durch die Outputs allein nicht garantiert werden können.
  • Kybernetische Wirkungsmodelle entfernen sich noch stärker als die beiden vorherigen Modelle von der Annahme klarer Kausalzusammenhänge zwischen den unterschiedlichen Wirkungsebenen. So gibt es in kybernetischen Modellen keine einfachen Wirkungsketten, sondern vielmehr stehen die einzelnen Aspekte oftmals in Wechselbeziehungen und haben einen zeitlichen Verlauf. So könnte im obigen Beispiel die positive Lernerfahrung bei einzelnen Teilnehmenden einer Jugendfreizeit dazu führen, dass diese im folgenden Jahr erneut an der Freizeit teilnehmen und sich später auch als Betreuer*innen der Freizeit engagieren.

Zusätzlich zu den Diskussionen zu Wirkungsmodellen und -indikatoren gibt es auch Kritik am Versuch, Angebote der Sozialen Arbeit über die Messung von Wirkungsindikatoren zu steuern. Eine Kritik richtet sich dabei grundsätzlich gegen die Idee eines ‚Managerialismus‘, der soziale Angebote nach ökonomischen Maßstäben bemisst. Andere Kritiken bemängeln, dass wirkungsorientierte Studien oftmals methodische Mängel aufweisen und vorschnell von ‚bewiesenen‘ Wirkungen ausgehen. Eine dritte Kritik richtet sich gegen die Idee, dass die Aufstellung einzelner Wirkungsindikatoren und die Bindung von beispielsweise finanziellen Mitteln an diese Indikatoren dazu führen kann, dass sich die jeweiligen Leistungserbringer ausschließlich auf die jeweiligen Indikatoren konzentrieren und darüber das eigentliche Ziel des Angebots aus dem Blick verlieren (Campbell’s law).

Insgesamt wird immer wieder betont, dass ‚klassische‘ Wirkungsnachweise, wie sie in vielen Professionen (z.B. Medizin, Betriebswirtschaftslehre) üblich sind, in der Sozialen Arbeit aufgrund der Komplexität der Einflussfaktoren nur schwer gelingen können. Dies ist allerdings kein Grund, Wirkungsorientierung in der Sozialen Arbeit bzw. in der KJA nicht zu erproben. Insbesondere bei der Umsetzung von Inklusion sollte Wirkungsorientierung sehr ernst genommen werden, da es eben nicht nur um die Struktur- und Prozessqualität eines inklusiven Angebots geht, sondern vor allem um die Effekte, die damit erreicht werden. Diese Effekte beziehen sich sowohl auf die Nutzenden als auch auf die Fachkräfte und Ehrenamtlichen. Dazu sind geeignete Indikatoren zu entwickeln, die jedoch nicht nur die Anzahl der Teilnehmenden und deren Zufriedenheit messen, sondern insbesondere auch Bewusstseinsbildungsprozesse, Interaktionschancen, Abbau von Berührungsängsten, Akzeptanz und Wertschätzung von Vielfalt, und vieles mehr.


Literatur

  • Burmester, Monika (2020): Wirkung sozialer Dienstleistungen – Reflexionen zu einem uneindeutigen Begriff. In: Burmester, Monika u.a. (Hrsg.): Die Wirkungsdebatte in der Quartiersarbeit. Wiesbaden: Springer VS, S. 37-51.
  • Kettiger, Daniel/Schwander, Marianne (2011): Wirkungsorientierung in der Sozialen Arbeit – Möglichkeiten und Grenzen. In: Fritze, Agnès/Maelicke, Bernd/Uebelhart, Beat (Hrsg.): Management und Systementwicklung in der Sozialen Arbeit. Baden-Baden: Nomos, S. 114-134.
  • Klauß, Theo (2018): Möglichkeiten, Grenzen und Risiken der Feststellung von Wirkungen und Wirksamkeit. In: Der Paritätische Gesamtverband in Kooperation mit dem IMEW (Hrsg.): Wirkungen und Nebenwirkungen. Wirkungsorientierung im Bundesteilhabgesetz – die menschenrechtliche und andere Perspektiven. Berlin: Katholische Akademie.
  • Kurz, Bettina/Kubek, Doreen (2018): Kursbuch Wirkung: Das Praxishandbuch für alle, die Gutes noch besser tun wollen. Berlin: Phineo gAG.
  • Polutta, Andreas (2013): Wirkungsorientierung in der Jugendhilfe. In: Graßhoff, Gunther (Hrsg.): Adressaten, Nutzer, Agency. Wiesbaden: Springer VS, S. 195-210.
  • Wohlfahrt, Norbert (2015): Wirkung in der Sozialen Arbeit: Wohin steuert die Sozialwirtschaft? In: Der Paritätische (Hrsg.): Wirkung wirkt – nur wie? Dokumentation der Fachtagung Wirkungsorientierung im Paritätischen vom 10. Dezember 2014 in Berlin. Berlin: Der Paritätische Gesamtverband, S. 4-5.