Teil C: Inklusive Praktiken umsetzen – Handlungsempfehlung Inklusionsexpert*innen

Was bislang geschah und nun zu tun ist…

Etwa zu Beginn Ihres Inklusionsprozesses haben Sie sicherlich Ihre bestehenden Angebote daraufhin analysiert und reflektiert, inwiefern die jeweiligen Inhalte, Schwierigkeitsgrade sowie die Gestaltung eine gleichberechtigte Teilhabe und Mitwirkung von verschiedenen Nutzer*innen bzw. Besucher*innen, und damit natürlich auch von Personengruppen mit Unterstützungsbedarfen ermöglichen. Bei Bedarf haben Sie diese dann vermutlich entsprechend modifiziert. Ferner haben Sie bestimmt schon Aktivitäten zur Sensibilisierung von Menschen ohne Behinderung für die Belange behinderter Menschen angeboten, wie auch konkrete inklusive Angebote, die als Möglichkeit zur Kontaktaufnahme, zum Kennenlernen und Beziehungsaufbau dienen, in ihr Angebotsspektrum aufgenommen. Um die Voraussetzung dieser Art von Angeboten wissen Sie laut Ihres Testergebnisses überwiegend Bescheid und haben daher vor allem die Art, Ziele und Inhalte Ihrer Angebote reflektiert und ggf. Veränderungen vorgenommen. Sollten Sie in Ihrer Einrichtung noch keine umfassenden Unterstützungsstrukturen aufgebaut haben, empfehlen wir Ihnen, dies noch zu tun. Denn die individuelle Unterstützung von Besucher*innen mit Behinderungen muss zu jeder Zeit gewährleistet sein, sodass deren Teilnahme an inklusiven Angeboten auch tatsächlich jederzeit möglich ist. Allgemein kann hierbei der Einbezug ehrenamtlicher Kräfte, Elternarbeit sowie die Zusammenarbeit mit örtlichen Einrichtungen und Diensten der Behindertenhilfe, Initiativen und Vereinen behinderter Menschen nützlich sein, nicht nur was die Planung und Durchführung der Angebote anbelangt, sondern auch im Hinblick auf Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen bzw. Schulungen. In dieser Vernetzung mit Ehrenamtlichen, Eltern und Akteur*innen der Behindertenhilfe ist es aber auch wichtig, dass Sie das Engagement und die Motivation aller Beteiligten stärken und aufrechterhalten. Und, last but not least, müssen Sie, als eine letzte Anforderung im Inklusionsprozess, die Qualität Ihrer Angebote und Aktivitäten durch Reflexion und Evaluation überprüfen.

…und was bedeutet das nun konkret für die Praxis?

Die Umsetzung von Inklusion kann als ein zirkulärer Prozess verstanden werden. Dieser teilt sich in fünf Phasen auf. Sie befinden sich derzeit wohl am ehesten in der Phase III, IV oder Phase V. Innerhalb dieser Phasen geht es im Schwerpunkt u.a. um den Aufbau, die Aufrechterhaltung und kontinuierliche Evaluation inklusiver Praktiken (Index für Inklusion).

Wir empfehlen Ihnen, Ihre bislang umgesetzten Schritte bezüglich der Dimension C (inklusive Praktiken) im Inklusionsprozess mit unseren nachfolgenden Ideen und vorgeschlagenen Methoden abzugleichen. Zudem geben wir Ihnen, wie versprochen, Tipps zur Motivationssteigerung und -aufrechterhaltung Ihrer Beteiligten und erinnern Sie an eine kontinuierliche Evaluation ihrer bisherigen Schritte:

  1. Team: Zu Beginn Ihres Inklusionsvorhabens haben Sie vermutlich schon eine Steuerungsgruppe (Initiativteam/Inklusionsteam) innerhalb Ihrer Einrichtung gegründet. Neben Mitarbeiter*innen, Leitung und Trägervertreter*innen setzt sich das Team sicherlich auch aus Vertreter*innen von Nutzer*innen bzw.  Besucher*innen sowie Externe aus der Gemeinde (Eltern, Fachberatung, Gemeindevertreter*innen) zusammen. Wahrscheinlich wurde in der Steuerungsgruppe bereits die aktuelle Situation Ihrer Einrichtung im Hinblick auf Ihre Einrichtungskultur (Dimension A) und Ihre Einrichtungsstrukturen (Dimension B) analysiert. Darüber hinaus fanden sicherlich auch schon einige inklusive Angebote und Aktivitäten statt. Wenn dies nicht der Fall ist und auch noch kein Inklusionsteam besteht, empfehlen wir Ihnen diese wichtige Ressource aufzubauen! Denn die Vergabe von Verantwortlichkeiten, z.B. mit der Gründung eines Inklusionsteams, und der Benennung einer Ansprechperson für Inklusion, die die Prozesse steuert und koordiniert (insbesondere wichtig für Eltern oder Einrichtungen für behinderte Menschen), wird der Zugang zu Ihren inklusiven Angeboten sowie die Planung, Durchführung und Evaluation inklusiver Praktiken erleichtert. Das Inklusionsteam oder die jeweilige Person übernimmt eine Art Vermittlerrolle zwischen der Einrichtung, den dort tätigen Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen, den Eltern und jeweils benötigte Assistenzkräften. Zentral bei der Planung und Umsetzung inklusiver Angebote und Aktivitäten sind dabei drei Fragen: 1) Inwiefern müssen aufgabenbezogene Barrieren abgebaut werden (z.B. Teilnahmevoraussetzungen, Schwierigkeitsgrad), 2) Werden bestimmte Personengruppen durch Inhalt oder Art des Angebots ausgegrenzt? 3) Welche Form der Unterstützung ist ggf. notwendig? Das haben Sie sicher schon gemerkt. Hierzu sollten Sie eventuell ergänzend unbedingt das Wissen von Einrichtungen bzw. Diensten der Behindertenhilfe einholen. Aufgrund des spezifischen Wissens von Professionellen aus der Behindertenhilfe bietet sich ein Wissensaustausch auf der Basis von Kooperationen an. Diese Expert*innen können ihnen erklären, welche Formen der Behinderung welche Art von Unterstützung benötigen. Außerdem verfügen Professionelle aus der Behindertenhilfe über einen Fundus an Methoden, wie eine personenzentrierte Unterstützungsplanung aussehen kann (z.B. sogenannte Unterstützerkreise). Aus diesem Grunde ist es unabdingbar, dass diese Expertise im Inklusionsteam einbezogen wird, entweder als Schulungen oder indem Professionelle aus der Behindertenhilfe selbst Teil des Inklusionsteams sind. Abschließend sollten sie sich Überlegungen zu motivierenden Aspekten für alle Beteiligten machen. Die Steigerung und Aufrechterhaltung der Motivation aller Beteiligten ist dann insbesondere wichtig, wenn es darum geht, diese weiterhin bei der „Stange“ zu halten. Hierzu empfehlen wir Ihnen alle Beteiligte – auch ihre Besucherschaft – über Fortschritte, z.B. durch Versammlungen, pädagogische Tage, Aushänge, Arbeitskreise etc., zu informieren und ihnen einen regelmäßigen Austausch zu ermöglichen. Dabei gilt es ferner, Unzufriedenheiten in der Besucherschaft aufzudecken und nach gemeinsamen Lösungswegen zu suchen.Sie selbst haben in Ihrer Einrichtung vermutlich bereits die Erfahrung gemacht, dass man bezüglich inklusiver Angebote und Aktivitäten – was ihren Inhalt betrifft – zwischen Aktivitäten zur Sensibilisierung und inklusiven Aktivitäten unterscheiden kann. Da Ihre Einrichtung im Inklusionsprozess schon weit fortgeschritten ist, führen Sie vermutlich beide Angebotsformen – sowohl Sensibilisierungsaktivitäten als auch konkrete inklusive Angebote – bereits parallel durch. Denn wie Sie wissen, sind inklusive Angebote darauf angewiesen, dass die nichtbehinderten Teilnehmer*innen manchmal (im Vorfeld) für die Belange behinderter Menschen sensibilisiert werden müssen. Hinzu kommt, dass die Sensibilisierung ein wichtiger Bestandteil bzw. ein wesentliches Ziel vieler inklusiver Angebote darstellt.
  2. Wie Sie vielleicht wissen, richten sich Sensibilisierungsaktivitäten in der Regel an nichtbehinderte Menschen (aber nicht nur!) und sollen dazu beitragen, die Besucherschaft und/oder die Öffentlichkeit für die Belange behinderter Menschen zu sensibilisieren. Hierbei müssen Menschen mit Behinderung nicht zwangsläufig mit dabei, d.h. räumlich anwesend, sein. Bereits in den ersten beiden Phasen des Index-Prozesses, in denen es darum geht, die Einrichtung auf das Thema Inklusion vorzubereiten, wurden in Ihrer Einrichtung bestimmt schon Sensibilisierungsaktivitäten durchgeführt (z.B. in Form von Inklusionsforen oder Fortbildungsangeboten für ehrenamtliche Kräfte). Dabei haben Sie vielleicht schon das Thema Behinderung didaktisch aufgenommen und im gemeinsamen Handeln bearbeitet. Dass Sie die Sensibilisierung durch Simulationsaktionen oder Rollenspiele erzielen können, ist Ihnen bestimmt auch nicht fremd. Vielleicht können Sie aber mit der ein oder anderen folgenden Methode die Sensibilisierung Ihrer Besucherschaft weiterentwickeln: Rollstuhlparcours, Aktionen im Dunkeln wie Dunkelrestaurants oder ‚Blind-Date-Dinner‘, Blindentischtennis, Sinnesparcours oder die Methode ‚Rollmops‘ etc. Wir möchten Sie dabei auch daran erinnern, dass vor allem Menschen mit Behinderung die benötigten Informationen und das Wissen über Behinderungen konkret weitergegeben sollten. Nutzen Sie also auch und vor allem deren Wissen als „Expert*innen in eigener Sache“. Durch diese Aktionen und die aktive Beteiligung von Menschen mit Behinderung können einerseits Besucher*innen ohne Behinderung Einblicke in die Lebensumstände eines behinderten Menschen erlangen und andererseits Menschen mit Behinderung Mut gemacht werden.
  3. Dass inklusive Aktivitäten hingegen konkrete Angebote darstellen, die als Kommunikations- und Interaktionsräume zwischen Besucher*innen mit und ohne Behinderung dienen, das gegenseitige Helfen fördern und den Aufbau von Freundschaften ermöglichen, ist Ihnen mit Sicherheit auch bekannt. Deshalb haben Sie in Ihrer Einrichtung auch vermutlich bereits Aktivitäten initiiert und gestaltet, die auf Kennenlernen und Beziehungsaufbau von nichtbehinderten und behinderten Besucher*innen zielen. Doch werden diese Aktivitäten auch von einer*m anwesenden*m Betreuer*in entsprechend qualifiziert angeleitet und moderiert? Finden sie in einer positiven Atmosphäre statt? Bedenken Sie darüber hinaus immer: Der Erfolg inklusiver Aktivitäten ist z.B. dann besonders hoch, wenn die Zusammenarbeit der ganzen Gruppe auf ein gemeinsames Ziel hin gefragt ist (z.B. gemeinsames Kochen, gemeinsames Arbeiten an einem Projekt usw.). Hierfür eignen sich vor allem Aktivitäten, bei denen alle Beteiligten neue Erfahrungen machen können und keine Gruppe einen Wissens- oder Erfahrungsvorsprung mitbringt, wie z.B. musische, künstlerische und erlebnispädagogische Aktivitäten sowie offene Angebote. Insgesamt besteht für die Durchführung inklusiver Angebote bereits eine Palette an Möglichkeiten. Vielleicht ist Ihnen eine der folgenden konkreten Praxisaktivität noch unbekannt und könnte als Anregung dienen: Ausflüge und Ausfahrten, Konzerte, „Café Inklusive“, Ferienfreizeiten, Kinderspielstadt, Theatergruppen, Zirkusprojekte oder Sportangebote wie Rollstuhlfechten, Rollstuhlbasketball oder Rollstuhltischtennis, Entwicklung von Comicgeschichten. Wir gehen ferner davon aus, dass Sie, als Inklusionsprofi, auf leistungsorientierte Angebote und wettbewerbsorientierte Spiele verzichten bzw. diese entsprechend modifiziert haben. Wenn nicht, holen Sie es nach! Vermeiden Sie dabei u.a. auch Gruppeneinteilungen nach physischen oder psychischen Leistungen oder Beeinträchtigungen und damit Wettbewerbssituationen. In diesem Kontext möchten wir Sie auch nochmals daran erinnern, dass Sie Spiel- und Teilnahmeregeln so gestalten bzw. abändern können, dass alle Besucher*innen positive Erfahrungen machen. Auch ist es von großer Wichtigkeit, dass in Ihren bestehenden und neuhinzukommenden Angeboten die Gemeinsamkeiten von nichtbehinderten und behinderten Besucher*innen entdeckt und thematisiert werden. Zum Beispiel, dass die unterschiedlichen Besucher*innen mit und ohne Behinderung die gleiche Musik hören, die gleichen Filme mögen oder das gleiche Computerspiel mögen. Gleichzeitig achten Sie auch darauf, dass Sie in Ihren Angeboten Vielfalt und Heterogenität als Stärke nutzen. Nichtbehinderte Besucher*innen sollen zwar ein Gefühl dafür bekommen, welchen Barrieren Menschen mit Behinderung ausgesetzt sind (etwa durch das Fahren eines Rollstuhls), jedoch ist es genauso bedeutsam, die Stärken behinderter Besucher*innen aufzuzeigen. Dazu empfehlen wir Ihnen darauf zu achten, dass erstens gemeinsam Aktivitäten und Tätigkeiten gewählt werden, die Ihre Besucher*innen mit Behinderung besonders gut können (etwa sich aufgrund von Blindheit in einer Dunkelaktion orientieren zu können) und sie zweitens Ihre Besucherschaft mit Behinderung in solche Aktionen einbeziehen. Wie Sie mit Sicherheit wissen, spielt vor allem die Partizipation aller Besucher*innen, also auch die Beteiligung von Menschen mit Behinderung, eine wesentliche Rolle bei der Gestaltung inklusiver Angebote. Diese sollten entlang den Bedürfnissen und Interessen aller Beteiligten ausgestaltet werden. Entwickeln Sie also unbedingt entsprechende Beteiligungsstrukturen. Damit die Angebote weiterhin nachhaltig wirken können, sollten die inklusiven Aktivitäten regelmäßig über einen längeren Zeitraum stattfinden sowie in kleinen Gruppen durchgeführt werden.
    Ein weiteres Thema im Kontext inklusiver Aktivitäten kann der Umgang mit Konflikten zwischen den Teilnehmer*innen mit und oder Behinderung sein. Haben Sie hierzu schon Erfahrungen gemacht? Wenn ja, haben Sie als passende Umgangsstrategie das Thema Behinderung vermutlich in der Gruppe thematisiert. Dies empfehlen wir Ihnen weiterhin bzw. zukünftig auch zu tun. Denn für jegliche Konflikte, die direkt oder indirekt mit dem Thema Behinderung zusammenhängen, ist es wichtig, dass Sie das Thema Behinderung in der Gruppe didaktisch aufarbeiten, etwa in Form von Rollenspielen oder als Gesprächskreise. Wichtig ist dabei stets, dass die Besucher*innen mit Behinderung für sich selbst sprechen. Entwickeln Sie hierzu einen passenden Rahmen.Eine sehr wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Gestaltung von inklusiven Angeboten ist, dass Sie sich als Mitarbeiter*innen bei der Planung von Angeboten und Aktivitäten Gedanken zur Sicherstellung der Unterstützung machen und diese jeweils benötigte spezifische Unterstützung auch in Ihrer Einrichtung tatsächlich gewährleisten (häufig gehört hierzu auch das entsprechende Wissen über Behinderungen). Erkundigen Sie sich daher bei der Planung Ihrer Angebote im Vorfeld über den jeweiligen Unterstützungsbedarf der teilnehmenden Besucher*innen (bspw. durch einen vorgefertigten Fragebogen oder eine Checkliste). Hier ist, wie Sie sicherlich festgestellt haben, der Austausch mit den Eltern und/oder Einrichtungen/Diensten der Behindertenhilfe besonders wichtig und hilfreich. Dieser dient auch zur Klärung von Ängsten und Bedenken (im Hinblick auf Versorgung und Betreuung behinderter Teilnehmer*innen).
  4. Assistenz/Unterstützung: Wir gehen davon aus, dass Sie in Ihrer Einrichtung bereits eigene Unterstützungsstrukturen (z.B. mit Ehrenamtlichen) geschaffen haben, wie etwa ehrenamtliche Unterstützerkreise, die Schulung von „Freizeitassistent*innen“ oder der Aufbau von Assistenzpools. Auf diese Möglichkeiten greifen Sie dann vermutlich zurück, wenn es um den konkreten Planungs-, Durchführungs- und Evaluationsprozess Ihrer inklusiven Angebote sowie um die Sensibilisierungsaktivitäten und/oder um die Arbeit im Inklusionsteam geht. Doch wissen Sie auch, dass sich die Unterstützerkreise und Assistent*innen konkret mit einer persönlichen bzw. personenzentrierten Zukunftsplanung kombinieren lassen oder man auch im offenen Betrieb (z.B. Regelbetrieb in einem Jugendhaus) auf ehrenamtliche Unterstützung in Form von Assistenzpools oder Unterstützerkreise bauen kann? Professionelle aus der Behindertenhilfe kennen oftmals diese Methoden, nutzen Sie hier also das vorhandene Wissen. Die vielfältigen Angebotsmöglichkeiten, in denen Sie ehrenamtliche Kräfte einsetzen können, entlasten dabei nicht nur Ihr hauptamtliches Personal. Stattdessen fördert die Angebotsvielfalt auch die Motivationssteigerung und -aufrechterhaltung von ehrenamtlichen Kräften. Weitere wichtige Elemente, um ehrenamtliche Kräfte an der „Stange“ zu halten, sind ihre Einbindung in das hauptamtliche Team, die Wertschätzung Ihrer Arbeit, die Initiierung regelmäßiger Treffen und die Möglichkeit, dass diese an Schulungen/Fort- und Weiterbildungsmaßnahme teilnehmen können. Selbstverständlich müssen Sie hierfür, d.h. für das Einlernen und die Rücksprache mit diesen ehrenamtlichen Kräften, entsprechende Ressourcen einplanen und sich trotzdem kontinuierlich um die Gewinnung weiterer ehrenamtlich Engagierter kümmern.
  5. Netzwerkbildung/Vernetzung/Öffentlichkeitsarbeit/Kommunalpolitik: Wir gehen davon aus, dass Sie bereits verschiedene Kooperationsbeziehungen mit relevanten Akteuren eingegangen sind. Wie Sie vermutlich feststellten, erwiesen sich dabei Kooperationen mit ortsansässigen Einrichtungen oder Interessensvertretungen behinderter Menschen im Hinblick auf die Planung und Durchführung inklusiver Angebote als besonders hilfreich. Diese Einrichtungen der Behindertenhilfe (z.B. Wohn- und Werkstätten, Offene Hilfen, Förderschulen, diverse Selbsthilfegruppen und Vereine für und von Menschen mit und ohne Behinderung etc.) bringen alle benötigten Kenntnisse in der Betreuung von Menschen mit Behinderung mit. Da diese Einrichtungen also über das notwendige Wissen im Hinblick auf Unterstützung und Förderbedarf verfügen, können sie für den Wissenstransfer und Informationsaustausch sehr hilfreich sein. Als einen weiteren Schritt empfehlen wir Ihnen daher in Kontakt zu weiteren wünschenswerten Kooperationspartner*innen zu treten, aber auch die bestehenden Kooperationen zu intensivieren und auf ihr Gelingen hin zu reflektieren. Reflektieren Sie Ihre bestehenden Kooperationsbeziehungen z.B. dahingehend, ob…… die definierten Vereinbarungen auch tatsächlich umgesetzt werden.… sich alle Kooperationspartner*innen auf die Idee der Inklusion verpflichtet haben

    … eine Plattform für einen regelmäßigen Austausch besteht (z.B. in Form von gemeinsamen Arbeitskreise, angeleiteten Workshops, Zukunftskonferenzen oder in Form von Leitlinien und Manuals).… Möglichkeiten zur Informationseinholung bezüglich folgender Themen besteht:
    1.) bezüglich eines angemessenen Umgangs mit behinderten Teilnehmer*innen;
    2.) bezüglich der passenden Angebotsinhalte bei inklusiven Angeboten wie Ferienprogramme, Ausflüge, Theatergruppen; und
    3.) bezüglich rechtlicher Belange auch während der Angebote

    … sie sich bei Bedarf z.B. für Sensibilisierungsaktionen entsprechende Materialien ausleihen können (z.B. bei einem Blindenverein vor Ort spezielle Brillen mieten, um so Ihre Besucher*innen ohne Behinderung für das Erleben von Menschen mit einer Sehstörung zu sensibilisieren).

    … Sie auf ihre konkrete Unterstützung vor Ort (etwa in Form von

    … gemeinsamen Kooperationsprojekten) hoffen können.

    … Sie die Kooperationen auch zur Unterstützung bzw. als Anbieter*innen zum Thema Inklusion für Mitarbeiter*innen und Ehrenamtliche (z.B. in Form von Fachtagen für Jugendleiter*innen) nutzen können.

    Im Kontext des Themas Kooperationen möchten wir Sie zuletzt daran erinnern, dass die Kooperationsbeziehungen neben der Unterstützung für Ihre Einrichtung, vor allem auch für Ihre Elternarbeit eine besondere Bedeutung hat: Während die Vernetzung mit Einrichtungen der Behindertenhilfe Eltern mit behinderten Kindern Sicherheit bietet, geht es in der Kommunikation mit Eltern von nichtbehinderten Kindern, wie Sie sicherlich schon bemerkt haben, vor allem auch um die Aufklärung und Sensibilisierung für die Chancen inklusiver Angebote (Verbesserung der Sozialkompetenz, Toleranz usw.). Außerdem haben Sie in Ihrer Einrichtung bestimmt auch schon festgestellt, dass Sie diesen Eltern oftmals verdeutlichen müssen, dass Ihre Kinder keinesfalls Nachteile durch die Teilnahme haben.

  6. Schulung/Fort- und Weiterbildung: Vermutlich bieten Sie bereits Schulungen und Weiter-/Fortbildungen (z.B. Fachtag für Jugendleiter*innen) für ehrenamtlich Engagierte an. Daher empfehlen wir Ihnen diese zukünftig auch für Ihre Mitarbeiter*innen anzubieten. Denn für alle Beteiligten kann die Teilnahme an Bildungsmöglichkeiten eine Steigerung und Aufrechterhaltung der Motivation mitbringen, wenn in den Maßnahmen über neue Entwicklungen zum Thema Inklusion bzw. für die Teilnehmer*innen unbekannte Themen referiert wird. Hilfreich ist es auch, dass diese Bildungsmöglichkeiten in Kooperation mit Einrichtungen/Diensten der Behindertenhilfe durchgeführt werden. Allgemein müssen die Schulungen/Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen auf die Vorbereitung von Mitarbeiter*innen und Ehrenamtliche im Hinblick auf das Erkennen und Einschätzen von Unterstützungsbedarfen der Besucher*innen zielen und die Teilnehmer*innen bezüglich der Anforderungen, die die Planung, Organisation und Durchführung inklusiver Angebote mit sich bringen, vorbereiten. Neben der Vermittlung von Wissen über Behinderungen und der Schulung in Bezug auf passende Angebotsinhalte und im Hinblick auf pflegerische und sonderpädagogische Anforderungen dienen die Schulungen ebenfalls als Sensibilisierungsmaßnahmen für die Belange von Besucher*innen mit Behinderung und informieren Ihre Teilnehmer*innen zuletzt über angemessene Umgangsstrategien mit Gruppenprozessen.
  7. Reflexion/Evaluation: Sowohl während als auch am Ende eines inklusiven Angebots sollten Sie es im Hinblick auf die Inklusionspotenziale, die Sicherstellung der Unterstützung und die darin stattfindenden Gruppenprozesse im Team mit Professionellen und Ehrenamtlichen reflektieren und evaluieren (z.B. in regelmäßigen Teamsitzungen oder Dienstbesprechungen). Hier ist insbesondere darauf zu achten, Befindlichkeiten, Berührungsängste und Unsicherheiten im Umgang mit Ihrer Besucherschaft zu thematisieren: Wird die Besucherschaft und das Gemeinwesen tatsächlich durch jenes Angebot sensibilisiert? Können mit den jeweiligen Angeboten tatsächlich Berührungsängste und Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung abgebaut werden? War die benötigte Unterstützung zu jeder Zeit sichergestellt? Es bietet sich an, Fachkräfte der Behindertenhilfe in solche Gespräche mit einzubinden. Methodisch eigenen sich u.a. Beobachtungen (z.B. zur Interaktionshäufigkeit zwischen behinderten und nicht-behinderten Teilnehmer*innen) sowie Befragungen (z.B. Gruppenbefragungen oder kürzere qualitative Interviews). Was eine Gesamtevaluation betrifft (etwa auf Einrichtungs- oder Trägerebene) sollten hierzu auf jeden Fall die Leitindikatoren des Index als auch die Prozessindikatoren verwendet werden.