Was ist zu tun?
Wie Sie vermutlich wissen, sollten alle am Inklusionsvorhaben beteiligten Akteur*nnen verinnerlichen, dass die menschliche Vielfalt als Normalität und Chance begriffen werden muss, die es wertzuschätzen gilt. Jede Person mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen bringt eine Bereicherung für Ihre Einrichtung mit sich. Alle Beteiligten (haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende, Besuchende etc.) müssen sich daher durchgehend als aktiv Lernende im Inklusions-Prozess verstehen, die sich gegenseitig akzeptieren, respektieren und unterstützen. Wir wollen Sie daher daran erinnern, dass jede*r Besucher*in stets die volle Aufmerksamkeit bekommen sollte und alle gleichberechtigt behandelt werden müssen. Es muss ein partnerschaftlicher Umgang in der Einrichtung herrschen. Und hierzu müssen vor allem die Mitarbeitenden der Einrichtung sowie die Besuchenden zu einem respektvollen Umgang angeregt werden. Weiterhin ist provozierendes Verhalten als solches zu erkennen und vor allem angemessen darauf zu reagieren (z.B. durch Aufklärungsarbeit, Gesprächskreise etc.). Das bedeutet somit auch, dass Sie Ausgrenzung und Diskriminierung einzelner Personen vermeiden müssen. Ihre Besuchenden sollten verstehen, dass jeder Mensch unterschiedlich ist und somit von verschiedenen Personen auch unterschiedliches Verhalten ausgeht. Das bedeutet für Sie, dass Sie Ihren Besuchenden vermitteln sollten, dass die unterschiedlichen Fähigkeiten von verschiedenen Personen respektiert werden müssen. Zudem: Alle Personen haben die gleichen Rechte! Doch auch Sie als Mitarbeitende können Unterstützung in der Verwirklichung Ihres inklusiven Vorhabens durch Ihren Träger und von Ihrer Besucherschaft erwarten.
…und was bedeutet das nun konkret für die Praxis?
Die Umsetzung von Inklusion kann als ein zirkulärer Prozess verstanden werden. Dieser teilt sich in fünf Phasen auf. Sie befinden sich derzeit wohl am ehesten in der Phase II oder Phase III. Innerhalb dieser Phasen geht es im Schwerpunkt u.a. um den Aufbau einer inklusiven Einrichtungskultur (Index für Inklusion). Im Folgenden wollen wir Ihnen in fünf Bereichen aufzeigen, welche Maßnahmen sie ergreifen können, um eine inklusive Kultur in Ihrer Einrichtung weiter auf- und auszubauen:
- Team: Vermutlich haben Sie zu Beginn Ihres Inklusionsvorhabens eine Steuerungsgruppe (Initiativteam/Inklusionsteam) innerhalb Ihrer Einrichtung gegründet, die die Einrichtungssituation, Ressourcen und das Wissen in der Einrichtung analysiert sowie weitere Strategien bzw. Prioritäten und das geplante Vorhaben festlegt. Wenn nicht, empfehlen wir Ihnen dies nachzuholen! Achten Sie (dann) darauf, dass sich innerhalb dieses Teams die genannte Vielfalt ebenso wiederfindet. So ist es wichtig, dass die Steuerungsgruppe die soziale und kulturelle Zusammensetzung der Einrichtung repräsentiert. Vergessen Sie weiterhin auch nicht, dass neben Mitarbeitenden, Leitung und Trägervertretenden, auch Besuchende sowie Externe aus der Gemeinde (Eltern, Fachberatung, Gemeindevertretende) ins Team eingebunden werden sollten.
Wie Sie vermutlich bereits in Ihren bislang gegangenen Schritten bemerkt haben, kann der Inklusionsprozess nicht von heute auf morgen umgesetzt werden. Der Prozess muss stattdessen eher als langwieriger Prozess angesehen werden. Demzufolge stellt die Aufrechterhaltung und Steigerung der Motivation im Inklusionsteam eine besondere Herausforderung dar. Hierfür empfehlen wir Ihnen allen Beteiligten ein Mitspracherecht einzuräumen und Zuständigkeiten zu vergeben. Zum Beispiel sollte für alle Beteiligten die Möglichkeit bestehen, bei der Planung, Durchführung und Evaluation konkreter in verschiedenen Rollen mitzuwirken. - Assistenz/Unterstützung: Ein inklusives Vorhaben braucht, wie Ihnen sicherlich bekannt ist, Unterstützung durch Professionelle und/oder ehrenamtlich Engagierte. Diese werden dabei nicht nur für das Inklusionsteam benötigt, sondern auch für die konkrete Planung und Durchführung inklusiver Angebote. Wir raten Ihnen daher (vorausgesetzt sie haben es noch nicht getan) einen Assistent*innenpool aufzubauen.
- Schulung/Fort- und Weiterbildung: Vermutlich besteht für das in Ihrer Einrichtung gegründete Inklusionsteam bereits die Möglichkeit, an Fort- und Weiterbildungen und/oder Schulungen teilnehmen zu können. Vergessen Sie allerdings nicht, dass Sie diese Möglichkeiten auch weiteren Akteur*innen, die am Prozess beteiligt sind, einräumen sollten. Alle Beteiligten sollen im Umgang mit dem Thema Behinderung geschult und für die Belange von Besuchenden mit Behinderungen sensibilisiert werden. Hierzu empfehlen wir Ihnen, die Bildungsmaßnahmen in Kooperation mit Einrichtungen der Behindertenhilfe durchzuführen.
- Netzwerkbildung/Vernetzung, Öffentlichkeitsarbeit, Kommunalpolitik: Vorausgesetzt Sie haben entsprechende personelle Ressourcen noch nicht aufgebaut und folgende Anregung noch nicht umgesetzt, empfehlen wir Ihnen eine*n ‚kritische*n Freund*in‘ in den Prozess einzubinden. Diese Person sollte die Einrichtung allerdings gut kennen, unterstützend sowie herausfordernd agieren und den Prozess engagiert begleiten. Vielleicht haben Sie ja auch schon Erfahrungen darin gemacht, dass eine Person, die bereits Kenntnisse mit dem Index für Inklusion bzw. mit der Umsetzung eines inklusiven Vorhabens mitbringt, sehr gewinnbringend für das Team bzw. für die Gestaltung des Prozesses ist. Deshalb würden wir Ihnen empfehlen, darauf zu achten, dass ein*e ‚kritische*r Freund*in‘ über eben solche Erfahrungswerte verfügt. Mit seinem*ihrem ‚fremden Blick‘ hilft er*sie den Beteiligten bei der Untersuchung der Einrichtung und bei der Analyse der Sichtweisen. Zusätzlich bzw. als Basis für einen solchen Prozess bietet es sich hierbei an, Kooperation mit Einrichtungen oder Diensten der Behindertenhilfe einzugehen. Bestehen also noch keine Kooperationsbeziehungen, empfehlen wir Ihnen, sich mit den jeweiligen Einrichtungen in Kontakt zu setzen und auf eine Kooperation hinzuwirken. Achten Sie dann auch darauf, dass Vereinbarungen schriftlich festgehalten werden und initiieren Sie einen regelmäßigen Austausch mit ihnen. Weiter bietet es sich an, öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen, wie z.B. Inklusionsforen mit Vertretenden der Kommunalpolitik, lokalen Schlüsselpersonen und Multiplikator*innen, Lehrenden und Betroffenen durchzuführen. Diese (Informations-) Veranstaltungen dienen nicht nur der Sensibilisierung aller Anwesenden, sondern auch der Gewinnung weiterer Beteiligter (diese könnten z.B. auch fortwährend über den Prozess ins Inklusionsteam involviert werden).
Zuletzt sollten Sie als interne Öffentlichkeitsarbeitsstrategien (vorausgesetzt Sie haben sich bislang wenig mit dem Thema Öffentlichkeitsarbeit befasst) z.B. ein inklusives Leitbild für Ihre Einrichtung erarbeiten, über eine kontinuierliche Einrichtungskommunikation verfügen und einen „inklusiven“ Maßnahmenkatalog erstellen. Als externe Öffentlichkeitsarbeitsstrategien eignen sich Pressearbeit (z.B. Flyer, Gemeindeblatt) über inklusive Angebote, Webauftritte der Einrichtung, Eltern-/Angehörigenarbeit und die Mitwirkung bei Veranstaltungen im Gemeinwesen (z.B. Stand auf dem Weihnachtsmarkt, Stadtteilfeste).Vermutlich bieten Sie bereits schon konkrete inklusive Aktivitäten für Ihre Besuchende an, um die Kultur Ihrer Einrichtung zu verbessern. Wir empfehlen Ihnen, sich nochmals zu vergewissern, ob durch diese Angebote tatsächlich Ihre Besucherschaft und das Gemeinwesen sensibilisiert werden, und ob dadurch Berührungsängste und Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen abgebaut werden. Die folgenden Anregungen können Ihnen dabei weiterhelfen: - Sensibilisierung/inklusive Angebote: Vielleicht haben Sie in Ihrer Einrichtung bereits Simultationsangebote zur Sensibilisierung Ihrer Besucherschaft durchgeführt. Weitere empfehlenswerte Methoden für Sie könnten dann Informationsveranstaltungen aber auch theater- oder kunstpädagogische Projekte sein, mit Hilfe derer sich die Besuchende mit dem Thema Behinderung auseinandersetzen können. Alles in allem haben Sie bestimmt auch erkannt, dass sich zur Sensibilisierung Ihrer Besuchenden und des Gemeinwesens vor allem Angebote eignen, die auf Kontaktsituationen zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen basieren. Hier ist es wichtig zu wissen, dass Kontaktsituationen z.B. in Angeboten zustande kommen, die auf ein Arbeiten an einem gemeinsamen Gegenstand/Ziel ausgerichtet sind. Bei der Konzeption dieser Angebote ist dabei dann auch zu berücksichtigen, dass Konkurrenzsituationen vermieden werden und die gemachten Erfahrungen für alle Teilnehmenden neu sein sollten und in einer angenehmen Atmosphäre stattfinden. Für inklusive Angebote zur Sensibilisierung und zum Abbau von Berührungsängsten besteht mittlerweile eine Palette an Methoden (z.B. Dunkelrestaurant, Rolliführerschein/Rollstuhlparcours, Integrative Freizeit, Kinderspielstadt, „Café Inklusive“, inklusive Konzerte, Karaoke-Aktionen, inklusive Kindergruppen, inklusive Zirkusprojekte, gemeinsame Kochaktivitäten, offene Treffs in Jugendhäusern etc.).
Zur Sensibilisierung des Gemeinwesens, wissen Sie vermutlich auch, dass sich vor allem Informationsveranstaltungen und Kampagnen eignen. Welche Methoden hierfür vorgesehen werden können, wollen wir Ihnen zuletzt im Folgenden aufführen: Filmvorführungen, Lesungen (z.B. Rollmops) oder Theaterstücke zur szenischen Darstellung des Lebens eines Menschen mit Behinderung und/oder Speaking Tours, beispielsweise in Schulen etc., um Wissen zum Thema Behinderung zu vermitteln.