Die Eingliederungshilfe umfasst alle Leistungen zur Unterstützung von Menschen mit Behinderung. Per Gesetz können Menschen mit Behinderung hier Unterstützung beantragen. Ob man Eingliederungshilfe bekommt, muss zunächst von einem sogenannten Leistungsträger geprüft werden. Das ist sehr kompliziert und oft braucht man bereits damit schon Hilfe und Unterstützung. Wenn man das Recht auf Eingliederungshilfe hat, dann bekommt man Hilfe und Unterstützung von sogenannten Leistungserbringern. Es gibt eine große Vielzahl an Leistungserbringern und eine große Vielzahl an Hilfen und Unterstützungen. Beispiele sind Hilfen beim Wohnen, in der Schule, beim Arbeiten, oder wenn man einen Fahrdienst braucht.
Die Eingliederungshilfe ist ein System von Leistungen, die Menschen mit Teilhabebedarf (aufgrund einer bereits bestehenden Behinderung oder drohenden Behinderung) im Falle eines geprüften Leistungsanspruchs und auf Antrag zur Verfügung gestellt werden können. Gesetzlich geregelt ist die Eingliederungshilfe im Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Dort wird die Eingliederungshilfe in §90 definiert: „Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, Leistungsberechtigten eine individuelle Lebensführung zu ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht, und die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern.“ Dabei wird unterschieden nach Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen zur Teilhabe an Bildung sowie Leistungen zur Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben. Alle Leistungen zielen darauf ab, die Folgen einer Behinderung auszugleichen, zu mindern, abzuwenden oder einer Verschlechterung der Teilhabe vorzubeugen. Die Eingliederungshilfe ist dabei der umfassendere Begriff und schließt auch Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen mit ein, während sich der Begriff der Behindertenhilfe ausschließlich auf sogenannte geistige, körperliche oder Sinnesbeeinträchtigungen bezieht.
Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden dabei von einem sogenannten Leistungsträger (Rehabilitationsträger) bewilligt und von einem sogenannten Leistungserbringer (sowohl öffentliche Träger als auch freie Träger der Wohlfahrt) in Form von Sachleistungen oder im Rahmen eines persönlichen Budgets erbracht. Die Bewilligung von Leistungen erfordert dabei eine leistungsrechtliche Prüfung, inwiefern ein Teilhabebedarf vorliegt (z.B. aufgrund einer sogenannten „wesentlichen“ Behinderung nach §99 SGB IX). Die Überprüfung wird durch einen der zahlreichen Rehabilitationsträger, die das deutsche Sozialrecht vorsieht (z.B. Sozialhilfe, Rentenversicherung, Unfallversicherung, Agentur für Arbeit, aber auch die Jugendhilfe), vorgenommen. Dem „Eintritt“ in das System der Eingliederungshilfe geht also immer eine Leistungsberechtigungsprüfung voraus. Damit einher geht aber immer auch eine Form der Etikettierung (bzw. die Zuschreibung „Schwerbehinderung“).
Innerhalb des Systems der Eingliederungshilfe gibt es einen ganzen Katalog an verschiedenen Leistungen, die im SGB IX definiert und konkretisiert werden. Dieser Leistungskatalog orientiert sich dabei an den typischen Lebensbereichen Wohnen, Arbeit, Bildung, Freizeit, usw. und umfasst alle Lebensphasen, beispielsweise Angebote der Frühförderung, Einrichtungen für kleine Kinder (etwa sogenannte Schulkindergärten, d.h. spezielle sonder- oder heilpädagogische Kindertagesstätten), sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ, früher: Förder-/ Sonderschulen) für Kinder im Schulalter, spezielle Berufsschulen wie das Berufsbildungswerk (BBW) bzw. den sogenannten Berufsbildungsbereich (BBB) in Werkstätten für behinderten Menschen (WfbM), berufliche Eingliederungsmaßnahmen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt (z.B. Integrationsamt) auf der einen Seite sowie spezielle Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) auf der anderen Seite, schließlich noch unterschiedliche, betreute Wohnangebote für Menschen jeglichen Alters (ambulant betreutes Wohnen, inklusive Wohnprojekte, sogenannte besondere Wohnformen wie Wohnheime) sowie Mobilitätshilfen. Daneben gibt es noch verschiedene Beratungsangebote und Beratungsstellen (z.B. die sogenannte Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung, EUTB).
Es zeigt sich auf der einen Seite eine große Variation an Unterstützungsleistungen, die eine hohe Qualität und Versorgungsdichte in Deutschland erkennen lässt. Auf der anderen Seite ist das System der Eingliederungshilfe aufgrund der Vielfalt an Rehabilitationsträgern und der damit einhergehenden Unübersichtlichkeit bei der Zuständigkeit häufig komplex. Es kommt dabei durchaus vor, dass sich ein betroffener Mensch durch einen ganzen „Dschungel“ an Zuständigkeiten und rechtlichen Bestimmungen quälen muss, was im Sinne der Barrierefreiheit kritisch zu betrachten ist. Zudem führten die Entwicklungen bei der Leistungserbringung in Deutschland zu einer starken „Spezialisierung“ und „Besonderung“, d.h. die Hilfen/Leistungen werden in hochspezialisierten Unterstützungssystemen erbracht, die häufig wenig inklusiv sind.
Im Zuge der Einführung des neuen Bundesteilhabegesetzes (BTHG) soll hierzu aber ein Paradigmenwechsel in der Eingliederungshilfe eingeleitet werden. Die Grundprämissen des neuen BTHG sind dabei: Selbstbestimmung, soziale Teilhabe und Personenzentrierung, d.h., die Leistungen sollen so gestaltet werden, dass sie sich an den Wünschen und Bedarfen der leistungsberechtigten Person orientieren und soziale Inklusion ermöglichen. Diese Potenziale hängen aber letztlich davon ab, inwiefern Menschen mit Behinderung wirklich eine Wahl zwischen verschiedenen Angeboten haben. Besondere Potenziale werden bei sogenannten Assistenzleistungen nach §78 SGB IX gesehen, weil sich eine solche Assistenz besonders stark an den Prämissen des BTHG orientiert (vgl. Konrad 2019). Diese Assistenzleistungen haben dabei eine besondere Bedeutung für die Kinder- und Jugendarbeit, etwa in Form einer Freizeitassistenz, oder wenn Kinder/Jugendliche mit Behinderung selbst ehrenamtlich tätig werden wollen (§78 SGB IX Abs. 5). Die Antragstellung auf eine solche Assistenz erfolgt jedoch über die Eltern (z.B. als Persönliches Budget) und nicht durch den Träger der Kinder- und Jugendarbeit.