Personenzentrierung

Personenzentrierung bedeutet, dass eine Person im Zentrum oder in der Mitte steht. Der Begriff wird im Bundesteilhabegesetz (BTHG) benutzt. Damit soll gezeigt werden, dass Menschen mit Behinderungen dabei unterstützt werden sollen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Dabei sollen sie aber nicht die Hilfeleistungen bekommen, die es vor Ort gibt. Sondern die Hilfen und Unterstützungsleistungen sollen zur Person passen, die Unterstützung braucht. Früher hat man zuerst geschaut, welche Hilfen und Unterstützungsleistungen es vor Ort gibt. Mit dem BTHG hat sich das geändert. Jetzt stehen nicht die Hilfen im Zentrum und die Menschen müssen dazu passen. Sondern die Person mit Unterstützungsbedarf steht im Zentrum und die Hilfen müssen zu ihrem Leben, Wünschen und Zielen passen. Dabei ist wichtig, dass die Person im Zentrum das Recht hat, selbst auszuwählen, welche Hilfen und Unterstützungsleistungen sie haben möchte. Und von wem.

Der Begriff Personenzentrierung ist untrennbar mit der Einführung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) verbunden und steht in Bezug zu den beiden zentralen Begriffen Selbstbestimmung und Teilhabe. Personenzentrierung bezieht sich im BTHG auf die Bedarfsermittlung und Unterstützungsplanung in der Eingliederungshilfe. Die Bewilligung und Ausgestaltung von Leistungen der Eingliederungshilfe durch die zuständigen Rehabilitationsträger sollen demnach stets auf der Einschätzung des jeweils individuellen Bedarfs der leistungsberechtigten Personen unter Einbezug ihres Wunsch- und Wahlrechts basieren.

Damit wird ein wichtiger Paradigmenwechsel eingeleitet, der es ermöglichen soll, dass sich die Ausgestaltung der Leistungen der Eingliederungshilfe nicht mehr an Angeboten von Einrichtungen und Diensten der Leistungserbringer orientieren, sondern ausschließlich an dem Willen, dem Wunsch und den persönlichen Zielen des leistungsberechtigten Menschen. In der Literatur wird dieser Paradigmenwechsel deswegen auch beschrieben als Wechsel von der Institutionenorientierung zur Personenorientierung. So waren bislang vor allem die bestehenden Angebote der Leistungserbringer Leitlinie für die Entscheidung von in Frage kommenden Leistungen, d.h. den leistungsberechtigten Menschen wurde ein Katalog an in Frage kommenden Leistungen vorgeschlagen. Zwar gab es auch da schon ein Wunsch- und Wahlrecht, aber die Leistungsberechtigten konnten lediglich zwischen bestehenden Angeboten wählen. Gemäß dem Prinzip der Personenzentrierung soll nun gemeinsam mit dem leistungsberechtigten Menschen überlegt werden, welche Leistungen am besten zu den Vorstellungen, Wünschen und persönlichen Zielen passen, und, falls es solche passenden Leistungen nicht gibt, welche neue Unterstützungsmöglichkeiten entwickelt oder erschlossen werden müssen. Gegebenenfalls bestehen diese Unterstützungsangebote dann auch aus einem Mix an verschiedenen Hilfen, wodurch auch sozialräumliche Ressourcen stärker einbezogen werden sollen. Des Weiteren soll der Grundsatz der Personenzentrierung dazu beitragen, dass Leistungserbringer ihre Angebote flexibilisieren.

Personenzentrierung ist damit eng verbunden mit dem Paradigma der Selbstbestimmung, weil diese Selbstbestimmung bereits bei der Auswahl und Gestaltung der benötigten Unterstützung zur Geltung kommt. Darüber hinaus steht Personenzentrierung in Verbindung mit Sozialraumorientierung, weil zum einen der Wille des Menschen im Zentrum der Unterstützungsplanung steht, zum anderen der Einbezug von Ressourcen im Sozialraum dadurch oft notwendig wird. Damit einher geht drittens eine Orientierung an dem Paradigma der sozialen Teilhabe. Leistungen sollen so ausgestaltet sein, dass sie eine selbstbestimmte Teilhabe ermöglichen, ohne dass sich Menschen mit Behinderungen zwangsläufig in bestehende Angebotsstrukturen einordnen müssen.

Auch wenn Personenzentrierung vor allem im Zuge der Einführung des BTHG ein zentrales Gewicht bekommt, ist die Orientierung am Willen und an den persönlichen Lebenszielen von Menschen mit Behinderungen nicht neu. Unter dem Begriff ‚Personenorientierung‘ findet sich diese Haltung bereits in verschiedenen Ansätzen einer inklusiv ausgerichteten Sonder- und Behindertenpädagogik, etwa bei der Persönlichen Zukunftsplanung oder der Unterstützungsplanung in sogenannten Unterstützerkreisen. Der Begriff Personenorientierung ist jedoch noch umfassender als der Begriff Personenzentrierung. Während sich Personenzentrierung auf die Bemessung des Unterstützungsbedarfs im Sinne der Eingliederungshilfe bezieht, umfasst Personenorientierung auch noch weitere Bezüge, etwa zur Sozialraumorientierung. Gemeinsam ist beiden Begrifflichkeiten aber, dass der Mensch mit Unterstützungsbedarf im Zentrum der Planungsprozesse steht und es immer darum geht, ein passendes Unterstützungssetting aufzubauen.


Literatur

  • Doose, Stefan (2020): I want my dream! Persönliche Zukunftsplanung. Neue Perspektiven und Methoden einer personenorientierten Planung mit Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. 11. Aufl. Neu-Ulm: AG Spak Bücher.
  • Groß, Peter (2017): Personenorientierte Behindertenhilfe. Individuelle Hilfen zum Wohnen für erwachsene Mitbürger mit einer geistigen Behinderung. Schriften zur Pädagogik bei geistiger Behinderung. Bd. 7. Oberhausen: Athena-Verlag.
  • Hinz, Andreas/Kruschel, Robert (2013): Bürgerzentrierte Planungsprozesse in Unterstützerkreisen. Praxishandbuch Zukunftsfeste. Düsseldorf: Verlag Selbstbestimmtes Leben.
  • Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. (o.J.): Umsetzungsbegleitung Bundesteilhabegesetz: Personenzentrierung in der Eingliederungshilfe.
    Online unter umsetzungsbegleitung-bthg.de/…, Stand: 08.12.2024