Der Begriff Independent Living Movement ist Englisch. Man übersetzt ihn mit: „Soziale Bewegung für ein unabhängiges Leben von Menschen mit Behinderungen“. Ziel der Bewegung war, dass Menschen mit Behinderungen ein genauso selbstbestimmtes Leben führen können wie Menschen ohne Behinderungen. In den 1960er und 1970er Jahren wurden in den USA deshalb Zentren geschaffen, wo Menschen mit Behinderungen Angebote an andere Menschen mit Behinderungen machen. Z.B. wird Rechtsberatung oder andere Beratung angeboten. Dabei wird darauf geachtet, dass die Beratung von einer Person durchgeführt wird, die ähnliche Beeinträchtigungen hat wie die ratsuchende Person. Das nennt man Peer-Counseling. Diese Bewegung ist eine von vielen Bewegungen und Gruppen, die sich für die Rechte von Menschen mit Behinderungen einsetzen.
Independent Living Movement kann ins Deutsche übersetzt werden als „Soziale Bewegung für ein unabhängiges Leben von Menschen mit Behinderungen“. Ziel dieser Bewegung ist es, ein selbstbestimmtes und weitgehend autonomes Leben von Menschen mit Behinderungen innerhalb der Gesellschaft zu ermöglichen.
Die Bewegung entwickelte sich in den 1960er Jahren in den USA und basiert auf der Idee der Selbsthilfe: So sollen sämtliche Angebote und Aufgaben wie beispielsweise Rechtsberatung, Beratung zu Wohnangeboten oder zur Freizeitgestaltung, soziale Teilhabe, Arbeitsvermittlung, Beratung von Familien mit einem Kind etc. von Menschen mit Behinderungen durchgeführt werden. Zwar stehen alle Angebote allen Menschen mit Behinderungen zur Verfügung, jedoch sind Personen mit sogenannten geistigen Behinderungen dort weniger häufig vertreten als beispielsweise Menschen mit körperlichen Behinderungen. Ein Grund hierfür könnte sein, dass das Ziel der Angebote die Förderung eines möglichst selbstständigen und selbstverantwortlichen Lebens ist, was Menschen mit Lernschwierigkeiten oft erschwert ist.
Eine zentrale Bedeutung des Independent Living Movement spielen die „Center for Independent Living“, die autonom von Menschen mit Behinderungen geleitet werden und in denen sämtliche der dargestellten Tätigkeiten wie Beratung, Schulung, Vermittlung etc. stattfinden. Diese Zentren wurden 1979 in den USA durch ein Bundesgesetz anerkannt und werden seitdem staatlich subventioniert.
Bei den durchgeführten Beratungen ist angedacht, dass die beratende Person eine möglichst vergleichbare Beeinträchtigung wie die ratsuchende Person haben sollte (Peer-Counseling-Ansatz). Die Beratungen und Angebote basieren auf der nach Karl Rogers entwickelten klient*innenzentrierten Gesprächsführung und orientieren sich an einem lösungsorientierten Ansatz. Allen Menschen wird dabei sowohl das Recht zugesprochen, selbst Entscheidungen für ihr Leben zu treffen als auch darauf vertraut, dass sie selbstständig zu Lösungswegen gelangen können, weil sie als Expert*innen ihres eigenen Lebens angesehen werden.
In Deutschland gab es parallel zur Entwicklung der amerikanischen „Independent Living Movement“ eine ähnliche Bewegung. Diese reicht zurück bis in die späten 1960er Jahre, als in kritischer Distanz zur damaligen Behindertenhilfe der traditionellen Wohlfahrtsverbände und einiger Elternselbsthilfevereinigungen, der „Club 68“ als Vorläufer der „Clubs der Behinderten und ihrer Freunde“ entstand. Auch die sogenannte „Krüppelbewegung“ sowie weitere Interessenvertretungen und Betroffenen-Initiativen wie beispielsweise der „Verein zur Förderung der Autonomie Behinderter“ können hier genannt werden. Heute ist vor allem die Selbsthilfeinitiative „Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V.“ (ISL) bekannt.
Im Zuge der Einführung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) wurden diese Bewegungen bewusster wahrgenommen und als zentrale Akteure anerkannt. Forderungen und Ziele dieser Bewegungen wurden dabei aktiv in die sozialpolitischen Reformen einbezogen. Beispielweise wurde der Ansatz des Peer-Counseling im Rahmen der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB®) als unabhängige Beratungsstelle gesetzlich verankert (§ 32 SGB IX).
Trotz aller gegenwärtigen Bemühungen erfahren Menschen mit Behinderungen noch wesentliche Einschränkungen in ihrem Alltag, die ein selbstbestimmtes und autonomes Leben weiterhin beeinträchtigen. Insbesondere Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen und Lernschwierigkeiten sowie Menschen, die in besonderen Wohnformen leben, sind oft immer noch weit entfernt von einem selbstbestimmten und unabhängigen Leben.
07.12.2024