Zieldifferenter Unterricht

In Schulen und Klassen bei denen eine Integration von Schüler*innen mit Behinderungen erfolgt, kann der Unterricht entweder zielgleich oder zieldifferent erfolgen. Beim zieldifferenten Unterricht sollen die entsprechenden Lernziele innerhalb einer Klasse für jede*n Schüler*in aufgrund eines sonderpädagogischen Förderbedarfs individuell festgelegt werden, während bei einem zielgleichen Unterricht alle das gleiche Lernziel erreichen sollen und Menschen mit Behinderungen bei Prüfungen etc. einen Nachteilsausgleich erhalten.

Grundlage für einen zieldifferenten Unterricht ist ein „Gemeinsamer Unterricht“, bei dem ein Kind bzw. Jugendliche*r mit sonderpädagogischem Förderbedarf zusammen mit nicht behinderten Kindern in einer allgemeinen Schule unterrichtet wird. Dabei erhält die entsprechende Lehrkraft der Schule Unterstützung durch eine Sonderschullehrkraft oder durch pädagogisches Fachpersonal.

Aus diesem Grunde sind die Begrifflichkeiten „zielgleich“ und „zieldifferent“ aus schulrechtlicher sowie aus pädagogisch-praktischer Sicht relevant. Sie beziehen sich auf die Bildungsziele, die in den Bildungsplänen für die einzelnen Schulen niedergelegt sind. Während es die Voraussetzung für den zielgleichen Unterricht ist, dass ein*e Schüler*in die definierten Bildungsziele nach Einschätzung der Schule (eventuell mit Förderung etc.) wahrscheinlich erreicht, ist dies beim zieldifferenten Unterricht nicht der Fall. So müssen Beeinträchtigungen eines Heranwachsenden so langfristig und schwerwiegend sein, dass die Ziele des entsprechenden Bildungsganges nach Einschätzung der Schule wahrscheinlich nicht erreicht werden können.

Damit ein zieldifferenter Unterricht innerhalb einer allgemeinen Schule im Rahmen der Inklusionsbemühungen erfolgen kann, müssen personelle und bauliche bzw. sachliche Voraussetzungen vorliegen oder geschaffen werden. Dazu gehören beispielsweise:

  • Einsatz von sonderpädagogischen Lehrkräften und wenn notwendig auch anderes Personal (Pflegekräfte etc.)
  • Bereitstellung zusätzlicher Räumlichkeiten, sanitärer Einrichtungen, Unterrichtsmittel etc.
  • Behindertengerechte und barrierefreie Ausstattung der Einrichtungen

Jedoch gibt es an dem bisher durchgeführten zieldifferenten Unterricht verschiedenartige Kritik. So stellen einige Pädagog*innen fest, dass es nicht ausreicht, den bisherigen Unterricht durch Stundenplanänderungen und individualisierte Arbeitsblätter zu verändern. Vielmehr sei es notwendig, dass sich der Unterricht zu einem „offenen Unterricht“ verändert, bei dem Kinder frei wählen können, welchen Tätigkeiten sie nachgehen bzw. welche Aufgaben sie bearbeiten wollen. Zudem muss sich der Unterricht dahin entwickeln, dass Schüler*innen mit Übungsmöglichkeiten ebenso arbeiten wie an kreativen, problemlösenden und spielerischen Lernangeboten. Ebenso wichtig sind eigene Vorhaben der Kinder, die sich aus ihren Interessen und Erfahrungen ergeben, die sie aus ihrem Erleben von außerhalb der Schule mitbringen. Aus diesem Grunde muss zieldifferenter Unterricht offenere und freiere Unterrichtsformen anbieten und nicht wie bisher als frontaler und lehrergesteuerter Unterricht stattfinden.


Literatur

  • Gehrmann, Petra (2009): Lernzieldifferenter Unterricht und offene Lernsituationen. In: Heimlich, Ulrich (Hrsg.): Zwischen Aussonderung und Integration. Schülerorientierte Förderung bei Lern- und Verhaltensschwierigkeiten. Weinheim und Basel: Beltz Verlag, S. 128 ff.
  • Fuchs, Hans-Werner (o. Jg.): Zielgleichheit – Zieldifferenz.
    Online unter li.hamburg.de/…, Stand: 31.10.2013
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.) (o.Jg.): Gemeinsamer Unterricht.
    Online unter www.einfach-teilhaben.de/…, Stand: 31.10.2013
  • Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (Hrsg.) (2010): Regelungen zur Umsetzung des Beschlusses des Ministerrats vom 3. Mai 2010 „Schulische Bildung von jungen Menschen mit Behinderung“.
    Online unter www.schule-bw.de/…, Stand: 31.10.2013