Transgender

Transgender bedeutet, dass man sich z. B. nicht als Frau identifiziert, obwohl man in einem weiblichen Körper geboren ist oder man sich nicht als Mann identifiziert, obwohl man in einem männlichen Körper geboren ist. Bei Transgender geht es vor allem um die Identifikation mit dem sozialen Geschlecht. Als Transgender kann man sich als Mann, als Frau oder auch als nicht-binär identifizieren. Man kann sich als Frau fühlen und auch so verhalten, obwohl man einen männlichen Körper hat und man muss diesen Körper nicht in einen weiblichen Körper verändern. Der Unterschied zur trans* liegt vor allem darin, dass hier das soziale und nicht das biologische Geschlecht im Vordergrund steht und dass man sich nicht zwischen männlich und weiblich entscheidet, also mehr geschlechtliche Identitäten möglich sind.
Transgender ist der Gegenbegriff zu Cisgender.

Trans (lateinisch) bedeutet „über/hinaus/jenseits“ und bezeichnet in einer zweigeschlechtlichen Logik das Überschreiten der Grenzen der Geschlechtsidentität bzw. des sozialen Geschlechts. Die geschlechtliche Identifikation ist dabei nicht an die Zweigeschlechtlichkeit gebunden und kann auch nicht-binär sein. Das biologische Geschlecht bzw. die Identifikation mit dem biologischen Geschlecht steht dabei nicht im Vordergrund.

Der Begriff Transgender wurde ursprünglich von Virginia Prince in Abgrenzung zum Begriff Transsexualität erfunden. Der Begriff Transsexualität zielt sprachlich auf das Überschreiten der Grenze des körperlichen Geschlechts ab (englisch: sex) und hat sich in den 1960er Jahren als Begriff für diverse Transidentitäten etabliert. Virginia Prince lebte jedoch in der Rolle als Frau, ohne ihren (geburtsmännlichen) Körper zu verändern und empfand daher den Begriff Transsexualität als unpassend für ihre Situation. Daher erfand sie den Begriff Transgender, der sprachlich das Überschreiten der Geschlechterrolle bzw. des sozialen Geschlechts (englisch: gender) auf den Punkt bringt.

Leslie Feinberg griff diese neue Wortschöpfung 1992 auf und verwendete den Begriff Transgender als politischen Dachbegriff für das gesamte Trans*-Spektrum, um alle diejenigen zu vereinen, die unter dem Zweigeschlechtersystem leiden bzw. sich damit nicht identifizieren können.

Diese Personen verstanden sich aber bis dato nicht als Gemeinschaft. Dazu gehören beispielsweise

  • transsexuelle Personen
  • Personen, die auf unterschiedliche Weise zwischen den Geschlechtern lebten
  • Drag Queens und Drag Kings
  • heterosexuelle Crossdresser/Transvestiten (Menschen, die die Kleidung des „anderen“ Geschlechts tragen).

Feinberg rief dazu auf, über die Unterschiede dieser Gruppen hinweg gemeinsam gegen Zweigeschlechtlichkeit als gesellschaftliche Norm zu kämpfen. Diese neue Transgender-Bewegung konnte immer mehr an politischen und gesellschaftlichen Einfluss gewinnen. Dadurch entwickelte sich auch das Feld der Transgender Studies, einer interdisziplinären Forschungsrichtung, die aus Transgender-Sicht kritisch die zweigeschlechtliche Norm analysiert. Im Deutschsprachigen Kontext wurde der Betriff Transgender teilweise mit den Begriffen Transidentität oder Trans* übersetzt bzw. gleichgesetzt.


Literatur

  • Baumgartinger, Persson Perry (2017): Trans Studies. Wien: Zaglossus.
  • Feinberg, Leslie (1992): Transgender Liberation. A movement whose time has come. New York: World View Forum.
  • Genschel, Corinna (1998): Die Formierung der Transgender-Bewegung in den USA. Von medizinischen Objekten zu politischen Subjekten. In: Ferdinand, Ursula u.a. (Hrsg.): Verqueere Wissenschaft? Münster: Lit-Verlag, S. 309-320.
  • Hoenes, Josch/Schirmer, Utan (2019): Transgender/Transsexualität: Forschungsperspektiven und Herausforderungen. In: Kortendiek, Beate u.a. (Hrsg.): Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung. Wiesbaden: Springer, S. 1203-1212.
  • Stryker, Susan (2006): (De)Subjugated Knowledges: An Introduction to Transgender Studies. In: Stryker, Susan/White, Stephen (Hrsg.): The Transgender Studies Reader. New York/London: Routledge, S. 1-17.