Pädagogik der Vielfalt (nach Prengel)

Die Pädagogik der Vielfalt ist ein von Annedore Prengel entwickeltes pädagogisches Konzept, das im Kern auf die Gleichberechtigung von Verschiedenen*m und damit auf Inklusion zielt.

Die Pädagogik der Vielfalt stützt sich auf der Grundannahme, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben. Jeder Mensch hat das Recht auf Lebensglück, Achtung seiner Persönlichkeit und Menschenwürde sowie darauf, sein eigenes Leben wie gewünscht zu gestalten. Demzufolge sind alle Menschen gleich, denn sie sind gleichberechtigt. Trotz dieser Grundannahme ist jeder Mensch einmalig, einzigartig und individuell, da jeder Mensch durch seine individuellen Lebensumstände und -erfahrungen eine eigene Perspektive auf die Welt entwickelt. Schlussfolgernd wird in der Theorie Pädagogik der Vielfalt also davon ausgegangen, dass jeder Mensch gleich und verschieden ist.

Prengel wendet sich bewusst von der bisherigen gesellschaftlichen Auffassung von Gleichheit und Differenz ab. Sie kritisiert zum einen, dass Gleichheit häufig im Sinne einer kompletten Angleichung bzw. vollständigen Anpassung (Assimilation) verstanden wird (z.B. Menschen mit Migrationshintergrund haben sich der Kultur ihres Aufenthaltslandes anzupassen). Zum anderen kritisiert Prengel, dass in unserer Gesellschaft Differenzen (wie z.B. Einteilungen in nicht behindert und behindert, Unterschiede nach Geschlecht, kultureller Zugehörigkeit, Alter etc.) als Legitimation für Hierarchien und damit Abwertungen, Unterordnung und Ausgrenzung von bestimmten Menschen gebraucht werden.

In Abgrenzung zur gesellschaftlichen Auffassung geht das Konzept der Pädagogik der Vielfalt davon aus, dass Verschiedenheit normal ist. Dementsprechend sollten Vielfalt und verschiedene Lebensweisen als Reichtum aufgefasst und wertgeschätzt, sowie Menschen in ihrer Vielschichtigkeit, Einmaligkeit und Besonderheit wahrgenommen und anerkannt werden. Für das Kennenlernen eines Menschen bedeutet dies z.B., dass die Begegnungen unter der Achtung der Vielfalt geschehen. Das heißt es gilt sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede zwischen den Menschen zu entdecken, sodass sich die eigenen Wahrnehmungen und Perspektiven verändern und weiterentwickeln.

Neben der Maxime der Normalität von Verschiedenheit fordert das Konzept der Verzicht am Gebrauch von Definitionen bzw. Zuschreibungen im pädagogischen Alltag. Das heißt Menschen sollten nicht durch Definitionen wie „Behinderte“, „Sitzenbleiber“, „Italienerin“ oder „guter Leser“ eingeordnet, identifiziert und dementsprechend behandelt werden. Allen Menschen gilt es Freiräume zu eröffnen, damit diese ihre Erfahrungen und Kompetenzen auf ihre eigene, individuelle Art zum Ausdruck bringen können.

Das Konzept der Pädagogik der Vielfalt umfasst somit Überlegungen interkultureller Pädagogik, Feministischer Pädagogik und Integrationspädagogik. Es wendet sich somit gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit und Diskriminierung von Menschen mit Behinderung.

Stand 2013


Literatur

  • Prengel, Annedore (2003): Gleichberechtigung der Verschiedenen. Plädoyer für eine Pädagogik der Vielfalt.
    Online unter www.liga-kind.de/…, Stand: 15.10.2013
  • Prengel, Annedore (1995): Pädagogik der Vielfalt. 2. Auflage. Opladen: VS Verlag für Sozialwissenschaften.