Homosexualität

Homosexualität bedeutet, wenn man sich sexuell zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlt oder in jemanden des eigenen Geschlechts verliebt ist. Frauen, die eine andere Frau lieben oder begehren, nennt man homosexuell oder auch lesbisch; Männer, die einen anderen Mann lieben oder begehren, nennt man homosexuell oder auch schwul. Das Gegenteil von Homosexualität ist Heterosexualität, wenn sich also eine Frau einen Mann hingezogen fühlt oder ein Mann sich zu einer Frau hingezogen fühlt. Homosexualität wurde lange Zeit als nicht normal angesehen und früher war es auch unter Strafe gestellt. Heutzutage haben homosexuelle Menschen in den meisten Ländern die gleichen Rechte wie heterosexuelle Menschen, aber oft werden sie im Alltag immer noch diskriminiert. Menschen mit Behinderungen haben oft Schwierigkeiten mit ihrer Homosexualität, weil sie von anderen oft nicht mit ihrer Sexualität ernst genommen werden oder sie keine haben durften.

Homosexuell ist ein Begriff für eine sexuelle Orientierung, der vom Wortsinn her Menschen bezeichnet, die dasselbe Geschlecht wie ihr eigenes begehren/lieben, also z.B. Frauen, die sich sexuell zu Frauen hingezogen fühlen (auch: lesbisch) oder Männer, die Männer begehren (auch: schwul). Man spricht auch von gleichgeschlechtlichem Begehren/gleichgeschlechtlicher Liebe. Die Wortschöpfung „Homosexualität“ wird dem frühen Sexualreformer Karl Maria Kertbeny zugeschrieben, der die Begriffe „hetero-„ und „homosexuell“ 1868 in einem Brief an den Sexualwissenschaftler und Sexualreformer Karl Heinrich Ulrichs verwendete.

Im Gegensatz zur Heterosexualität, die als natürlich galt und daher keiner Erklärung bedurfte, wurde immer wieder nach Ursachen für die Entstehung von Homosexualität gesucht, da sie als Abweichung galt. In der Psychoanalyse gibt es beispielsweise bis heute Theorien, die Homosexualität auf ein gestörtes Verhältnis zu den Eltern o.ä. zurückführen. In der modernen Sexualwissenschaft hingegen geht man eher von einem bio-psycho-sozialen Modell der Entwicklung aller sexuellen Orientierungen aus. Da Homosexualität immer noch nicht als selbstverständlich gilt, durchlaufen homosexuelle Menschen im Gegensatz zu heterosexuellen Menschen ein sogenanntes Coming-Out.

Als Reaktion auf Heteronormativität und Homophobie/Homonegativität, entstanden immer wieder in verschiedenen historischen Phasen seit dem 19. Jahrhundert politische Aktivismen oder soziale Bewegungen, die entweder die Gleichstellung von Schwulen und Lesben oder eine Emanzipation von heterosexuellen Normen zum Ziel hatten. Konkret ging es historisch zunächst um eine Entkriminalisierung, Entpathologisierung und Entstigmatisierung sowie um gleiche Rechte und Anerkennung von unterschiedlichen Lebensweisen. In Deutschland sind seit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare homosexuelle Paare heterosexuellen Paaren weitgehend rechtlich gleichgestellt. Subtilere Formen von Diskriminierung und Ausgrenzung bleiben jedoch bestehen. Auch werden schwule und lesbische Lebensweisen, die am ehesten heteronormativen Vorstellungen eines guten Lebens wie monogame Beziehungen oder Kleinfamilien ähneln, eher akzeptiert als Lebensentwürfe, die diese Normen für sich ablehnen.

Homosexualität bei Menschen mit Behinderungen, insbesondere Menschen mit Lernschwierigkeiten oder seelischen Behinderungen wurde früher oft als „behinderungsbedingtes Fehlverhalten“ weginterpretiert oder schlicht übersehen, wenn z.B. in einem Wohnheim zwei Frauen in einem Zimmer wohnten und eine vorhandene sexuelle Komponente der Beziehung nicht wahrgenommen wurde. Teilweise führte auch die Überbehütung durch Angehörige dazu, dass homosexuelles Verhalten verhindert werden sollte, z.B. aus Sorge vor zusätzlicher Diskriminierung. Gleichzeitig sind schwule und lesbische Szenekontexte häufig auch nicht barrierefrei und Menschen mit Behinderungen hier eine ‚Minderheit in der Minderheit‘. Menschen mit Behinderungen haben jedoch wie alle Menschen das Recht zu begehren oder zu lieben, wen sie wollen. Sie können also auch homosexuell begehren, lieben und leben und ihren Platz in der Mitte der homosexuellen Communitys einfordern.


Literatur

  • Katz, Jonathan Ned (1996): The Invention of Heterosexuality. New York u.a.: Plum.
  • Löfgren-Martenson, Lotta (2009): The Invisibility of Young Homosexual Women and Men with Intellectual Disabilities. In: Sexuality & Disability, 27. Jg., S. 21-26.
  • McClelland, Alex u.a. (2012): Seeking Safer Sexual Spaces: Queer and Trans Young People Labeled with Intellectual Disabilities and the Paradoxical Risks of Restriction. In: Journal of Homosexuality, 59. Jg., S. 808-819.
  • Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Berlin (Hrsg.): Inklusive Leidenschaft. Lesben, Schwule, transgeschlechtliche Menschen mit Behinderung. Berlin.
  • Teichert, Gesa C. (2014): Lesben und Schwule mit Behinderung – Wo können vielfältige Identitäten eine Heimat finden? Eine umfassende Idee von Barrierefreiheit aus der Perspektive der Intersektionalität. In: Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (Hrsg.): Forschung im Queerformat. Aktuelle Beiträge der LSBTI*-, Queer- und Geschlechterforschung. Bielefeld: transcript, S. 185-197.
  • Timmermanns, Stefan/Böhm, Maika (Hrsg.) (2020): Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt. Interdisziplinäre Perspektiven aus Wissenschaft und Praxis. Weinheim/Basel: Beltz Juventa.
  • Timmermanns, Stefan (2013): Sexuelle Orientierung. In: Schmidt, Renate-Berenike/Sielert, Uwe (Hrsg.): Handbuch Sexualpädagogik und sexuelle Bildung. 2. Aufl. Basel: Beltz Juventa, S. 255-264.