Bisexuelle Menschen fĂŒhlen sich zu MĂ€nnern und zu Frauen hingezogen. Bisexuelle Menschen fĂŒhren Beziehungen wie andere Menschen auch. Wenn eine bisexuelle Frau eine andere Frau als Partnerin hat, sieht man aber nur, dass sie lesbisch ist. Wenn eine bisexuelle Frau einen Mann als Partner hat, sieht man nur, dass sie heterosexuell ist. Deswegen sind bisexuelle Menschen oft in der Gesellschaft unsichtbar. Bisexuelle Menschen werden manchmal von heterosexuellen Menschen und von homosexuellen Menschen diskriminiert. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie sich einfach nicht entscheiden können oder wollen, wen sie lieben oder begehren. Manche bisexuelle Menschen haben wie andere Menschen auch mehrere Beziehungen, dann spricht man von Polyamorie. Statt bisexuell sagt man heutzutage auch oft pansexuell, weil es nicht nur MĂ€nner und Frauen gibt, sondern auch Menschen, die weder Mann noch Frau sind oder sich nicht als Mann oder Frau fĂŒhlen. Â
Bisexuell ist ein Begriff fĂŒr eine sexuelle Orientierung, der vom ursprĂŒnglichen Wortsinn her Menschen bezeichnet, die zwei Geschlechter, konkret sowohl MĂ€nner als auch Frauen, begehren. Der Begriff wurde daher auch kritisiert, weil er von nur zwei Geschlechtern ausgeht und als Alternative der Begriff pansexuell oder auch polysexuell vorgeschlagen. Viele bisexuelle Menschen betonen aber auch, dass sie Menschen unabhĂ€ngig von deren Geschlecht begehren/lieben. Bisexuelle Kontexte scheinen auch seit langem trans*-freundliche Orte gewesen zu sein und viele bisexuelle Menschen waren und sind auch Teil von queeren Communitys, die Kategorien wie Mann/Frau und homo/hetero infrage stellen.
Wenn bisexuelle Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen leben, dann sind sie wie Lesben und Schwule (homosexuelle Menschen) von Homophobie betroffen. Wenn sie in heterosexuellen Beziehungen leben bzw. fĂŒr ihr Umfeld als heterosexuell erscheinen, können sie auch heterosexuelle Privilegien genieĂen. Diese Tatsache fĂŒhrte teilweise zu VorwĂŒrfen aus homosexuellen Communitys, zum Beispiel, dass bisexuelle Menschen weniger diskriminiert wĂŒrden. So kam es hĂ€ufig zu Vorbehalten oder AusschlĂŒssen bisexueller Menschen aus schwulen und lesbischen ZusammenhĂ€ngen. Insbesondere wenn z.B. eine lesbische IdentitĂ€t nicht nur als sexuelle Orientierung, sondern auch als politische IdentitĂ€t oder als Praxis eines Lebens unabhĂ€ngig von MĂ€nnern verstanden wurde, galten bisexuelle Frauen dann als potenzielle âVerrĂ€terinnenâ.
Dabei muss betont werden, dass bisexuelle Menschen zwar teilweise oder zeitweise in andersgeschlechtlichen (heterosexuellen) Beziehungen leben können und wĂ€hrenddessen vielleicht keiner direkten Homophobie ausgesetzt sein mögen, aber generell auch von einer eigenen Form der Diskriminierung betroffen sind, nĂ€mlich der Biphobie bzw, BinegativitĂ€t. Grundlage dieser ist die monosexuelle Norm, also die Idee, dass Menschen immer nur ein Geschlecht begehren/lieben können oder sollten, und somit also erwartungsgemÀà entweder gegengeschlechtlich (heterosexuell) oder gleichgeschlechtlich (homosexuell) orientiert sein sollten. In dieser Logik muss sich also jede einzelne Person fĂŒr ein zu begehrendes Geschlecht entscheiden und BisexualitĂ€t wird daher als eigenstĂ€ndige Form des Begehrens nicht anerkannt. Stattdessen wird BisexualitĂ€t hĂ€ufig als eine Phase abgetan, z.B. auf dem Weg zu einem homosexuellen Coming-Out. TatsĂ€chlich ist es durchaus möglich, dass Schwule oder Lesben sich als Teil des Coming-Out-Prozesses ĂŒbergangsweise als bisexuell bezeichnen. Dies schlieĂt jedoch nicht aus, dass BisexualitĂ€t auch eine dauerhafte sexuelle IdentitĂ€t sein kann. Auch kann gerade die monosexuelle Norm Menschen ggf. dazu drĂ€ngen, sich fĂŒr ein Geschlecht zu entscheiden, obwohl dies vielleicht nicht dem eigenen Begehren entspricht.
Sich nicht fĂŒr ein zu begehrendes Geschlecht entscheiden zu können, wird auch als Zeichen von Unreife gedeutet. Daher werden bisexuellen Menschen auch weitere vermeintlich negative Eigenschaften nachgesagt, wie z.B., dass sie nicht treu sein könnten bzw. nicht monogam leben könnten, weil ihnen ja ein Geschlecht (und daher auch ein*e Partner*in) nicht ausreichen wĂŒrde. TatsĂ€chlich sind bisexuelle Menschen eher offen fĂŒr nichtmonogame Lebensweisen, aber das gilt auch fĂŒr andere Menschen, die bereits von einer gesellschaftlichen Norm abweichen wie schwule MĂ€nner, KĂŒnstler*innen oder BDSM-Praktizierende. Vermutlich fĂŒhrt die Auseinandersetzung mit einer Norm dazu, auch andere Normen zu hinterfragen. Nichtsdestotrotz können und leben viele bisexuelle Menschen auch in monogamen Langzeitbeziehungen mit nur einer Person.
Bisexuelle Menschen sind somit mit Vorurteilen konfrontiert, die teilweise auch zu AusschlĂŒssen aus schwulen und lesbischen Kontexten fĂŒhren. Auch sind sie hĂ€ufig unsichtbar, weil sie entweder als heterosexuell oder als homosexuell gesehen werden, selten aber als bisexuell wahrnehmbar sind. Daher haben bisexuelle Menschen auch eigene Netzwerke geschaffen, in Deutschland z.B. BiNe, Bisexuelles Netzwerk e.V. und sich auch in queeren ZusammenhĂ€ngen engagiert. Bisexuelle Menschen konnten so z.B. erreichen, dass sie mit dem âBâ in das âLSBTIQâ mit aufgenommen und als Teil nicht-heteronormativer Communitys sichtbar wurden.
Es gibt bisher kaum Forschung zu bisexuellen Menschen mit Behinderungen, aber es gibt Hinweise darauf, dass es Parallelen zwischen den Erfahrungen des Behindert-werdens und BisexualitÀt gibt, z.B. Vorurteile bzw. falsche Vorstellungen, oder die Unsichtbarmachung/Ignoranz durch die Mehrheitsbevölkerung, sodass bisexuelle Menschen mit Behinderungen einerseits von mehrfacher Diskriminierung betroffen sind aber andererseits Strategien des Umgangs entwickeln (können), die ihnen in beiden Aspekten weiterhelfen.
Robin Bauer