Barrierefreiheit

Barrierefreiheit heißt, dass man Barrieren abbaut. Eine Barriere ist ein bestimmtes Hindernis. Wenn ein Mensch zum Beispiel im Rollstuhl sitzt, kann er keine Treppen steigen. Barrierefreiheit heißt, alle Menschen sollen die gleiche Möglichkeit haben, irgendwo hinzukommen oder etwas zu erreichen. Dabei ist es egal, ob sie gehen, hören, oder sehen können. Hierfür braucht man Gesetze. Diese Gesetze schreiben vor, dass Barrierefreiheit in Zukunft von vorneherein berücksichtigt werden muss und dass bestehende Barrieren abgebaut werden sollen.

Barrierefreiheit meint den Anspruch, allen Menschen gleiche Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten zu gewährleisten. Dies erfordert einen konsequenten Abbau verschiedener Zugangs-, Nutzungs-, oder auch von Kommunikationsbarrieren für alle Menschen, die von solchen Barrieren betroffen sind. Alternative Zugangs- oder Nutzungswege gelten nicht als barrierefrei.

Barrierefreiheit ist dabei das Kernanliegen schlechthin, wenn es um die Umsetzung von Inklusion geht. Barrierefreiheit bezieht sich auf alle Arten von Behinderung, d.h. neben einer rollstuhlgerechten Bauweise für körperbehinderte Menschen zählt dazu, „die Ausstattung mit akustischen Hinweisen für sehbehinderte oder blinde Menschen, das Vorhalten von Gebärdendolmetschern für hörbehinderte Menschen und der Gebrauch von einfacher Sprache für geistig behinderte Menschen“ (Welke 2007, S. 89). Neben solchen Barrieren spielen aber auch sogenannte „soziale Barrieren“ (etwa Vorbehalte, Berührungsängste oder Diskriminierungen) eine wichtige Rolle, beispielsweise im Kontext der Diskussion zur Teilhabe von Menschen mit psychischen Erkrankungen bzw. Beeinträchtigungen (vgl. Fries/Meyer 2013). Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) benennt daher zwei verschiedene Dimensionen von Barrieren, nämlich „umweltbedingte“ und „einstellungsbedingte“ Barrieren.

Insgesamt lassen sich verschiedene Arten von Barrieren identifizieren. Exemplarisch können folgende Barrieren und entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung von Barrierefreiheit genannt werden:

  • Maßnahmen zur räumlichen Barrierefreiheit (z.B. Rampe, Aufzug, elektrischer Türöffner, barrierefreie Toilette, etc.)
  • Maßnahmen zur Barrierefreiheit für sinnesbeeinträchtigte Menschen (z.B. Blindenschrift, Blindenleitsysteme, Gebärdendolmetscher, etc.)
  • Maßnahmen zur sprachlichen Barrierefreiheit (z.B. Informationen in Leichter Sprache, Verwendung verschiedener Sprachen, Bebilderung, etc.)
  • Maßnahmen zum Abbau sozialer Barrieren (z.B. Förderung von Begegnung, Abbau von Vorbehalten, Vorgaben zur Gleichbehandlung, Regeln zum Umgang mit Diskriminierung, etc.).
  • Maßnahmen zur aufgabenbezogenen Barrierefreiheit (z.B. unterschiedliche Leistungsanforderungen, unterschiedliche Zielvorgaben, etc.)

Der Abbau von Barrieren ist ein Kernanliegen der UN-Behindertenrechtskonvention (Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung). Dabei prägt der Begriff Barrieren auch das Behinderungsverständnis der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Dort heißt es in der Präambel, „dass Behinderung aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren entsteht, die sie an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern, (…)“. Die UN-BRK fordert weiterhin, dass es keine Unterschiede zwischen den Zugangsmöglichkeiten zu relevanten Lebensbereichen und Einrichtungen, oder bei der Nutzung von Dienstleistungen, Produkten, Gütern, Informationen, usw. zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen geben darf.

Eine Umsetzung von „Barrierefreiheit“ zur Verbesserung von Teilhabechancen von Menschen mit Behinderung/Beeinträchtigungen wird auch in verschiedenen nationalen Gesetzen in Deutschland, wie beispielsweise dem Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen, dem sogenannten „Behindertengleichstellungsgesetz“ (BGG), gefordert. Laut diesem Gesetz sind alle öffentlichen Institutionen dazu verpflichtet, Gebäude, Zugänge, Wege, Plätze, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Informationen sowie Internetauftritte barrierefrei zu gestalten. Aktuell (2021) wurde ein Gesetzesentwurf für das sogenannte „Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – BFSG“ (Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie der EU 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen) im Deutschen Bundestag verabschiedet, in dem die Forderung nach Barrierefreiheit noch einmal mehr mit speziellem Bezug zur Nutzung von digitalen Anwendungen, Informationstechnologie und Dienstleistungen ausformuliert werden.

Bei der Diskussion zu Barrierefreiheit müssen zudem die beiden Ebenen Zugänglichkeit und Nutzbarkeit unterschieden werden. Zugänglichkeit bezieht sich schwerpunktmäßig auf den Zugang an sich, d.h. auf die Möglichkeit, ein Angebot, eine Dienstleistung oder eine Information überhaupt erreichen, erschließen oder in Anspruch nehmen zu können (dazu gehört beispielsweise auch der Zugang zu Gebäuden). Nutzbarkeit bedeutet hingegen, dass die entsprechenden Angebote, Dienstleistungen oder Informationen auch tatsächlich genutzt werden können. Der Zugang stellt quasi die Voraussetzung für die Nutzung dar. Andersherum genügt der Zugang nicht, wenn die Angebote, Dienste oder Informationen überhaupt nicht genutzt werden können.

Die beiden Begriffe Zugänglichkeit und Nutzbarkeit spielen insbesondere für die Kinder- und Jugendarbeit eine große Rolle, zumal es hier nicht nur um räumliche Barrieren geht. So wurde in Studien herausgefunden, dass bereits der Zugang von Kindern/Jugendlichen mit Behinderung zu Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit erschwert ist, allerdings nicht (nur), weil die Zugänge nicht barrierefrei sind, sondern, weil häufig die betreffenden Personen überhaupt keine Informationen über die Nutzungsmöglichkeit haben (vgl. Meyer 2016). Die beiden Begriffe Zugänglichkeit und Nutzbarkeit wurden auch im §11 des neuen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) aufgenommen (vgl. BMFSFJ 2020).


Literatur

  • Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen (2008): Die UN-Behindertenrechtskonvention Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Deutsches Institut für Menschenrechte. Berlin.
    Online unter www.institut-fuer-menschenrechte.de/…, Stand: 10.01.2022
  • Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2020): Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG). Berlin.
    Online unter www.bmfsfj.de/…, Stand: 10.01.2022
  • Deutscher Bundestag (2021): Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes. Berlin, BT-Drucksache 19/28653.
    Online unter dserver.bundestag.de/…, Stand: 10.01.2022
  • Fries, Sven/Meyer, Thomas (2013): Inklusion braucht Beteiligung. Gemeindeintegriertes Wohnen für psychisch beeinträchtigte Menschen – ein Handbuch. Herausgegeben vom Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Rheinland-Pfalz, Mainz.
    Online unter mastd.rlp.de/…, Stand: 10.01.2022
  • Meyer, Thomas (2016): Inklusion von Menschen mit Behinderung in der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Jugendsozialarbeit in Baden-Württemberg. Herausgegeben vom Sozialministerium Baden-Württemberg, Stuttgart.
    Online unter sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/…, Stand: 10.01.2022
  • Welke, Antje (2007): Barrierefreiheit. In: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. (Hrsg.): Fachlexikon der sozialen Arbeit. Baden-Baden: Nomos, 6. Auflage, S. 88-89.