Dead name

Trans* nennt man Menschen, die sich nicht ganz oder überhaupt nicht mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren. Als inter oder intergeschlechtlich bezeichnet man menschliche Körper, die man nicht eindeutig den Kategorien Mann oder als Frau zuordnen kann. Ihnen wurden bei der Geburt z.B. weibliche Vornamen gegeben, obwohl sie sich weder als Mann noch als Frau fühlen, obwohl sie nicht eindeutig Mann oder Frau sind oder obwohl sie sich eindeutig als Mann fühlen. Viele geben sich dann einen neuen Vornamen, der dann besser zu ihrer Geschlechtsidentität passt. Z.B. nach einer Transition. Der alte Vorname ist dann der ‚dead name‘, also auf Deutsch: der „tote Name“. Dieser soll dann nicht mehr benutzt werden. Viele werden aber immer noch mit ihrem dead name angesprochen, was sehr verletzend sein kann.

Der Begriff dead name kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt „toter Name“. Damit sind Namen von trans* und teilweise auch inter Menschen gemeint, die ihnen zu Beginn des Lebens in der Regel von Eltern gegeben wurden, mit denen sie sich aber nicht (mehr) identifizieren.

Die meisten trans* Personen nehmen im Rahmen ihrer Transition einen neuen, selbstgewählten Namen an, der ihrer Geschlechtsidentität entspricht. Während es manchen nichts ausmacht, wenn andere ihren alten Namen kennen und ggf. verwenden, wenn es um die Vergangenheit geht, wünschen sich die meisten trans* Personen, dass der dead name nicht mehr verwendet wird und auch nicht weiter (z.B. hinter dem Rücken oder in der Öffentlichkeit) verbreitet wird. Das liegt u.a. daran, dass der alte Name eine schmerzhafte Erinnerung an Zeiten sein kann, in denen sie nicht selbstbestimmt leben konnten. Auch wird damit die Gefahr verbunden, dass sich die Wahrnehmung der Person durch Dritte verschiebt, hin zum bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht.

Außerdem wird der dead name häufig von Dritten mit der Intention verwendet, trans* Biographien als Spektakel zu inszenieren. Das findet sich häufig in Medien, in denen dokumentarische Geschichten über trans* Personen standardmäßig damit beginnen, welches Geschlecht und welcher Name ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. In der WDR-Doku „Menschen hautnah: Mädchen oder Junge? Aufwachsen als Transgender-Kind“ aus dem Jahr 2017 sagt z.B. ein junges trans* Mädchen, dass sie nicht möchte, dass jemand ihren alten Jungennamen sagt, aber der Name wird in der Dokumentation dennoch genannt und somit einer großen Öffentlichkeit und in Zeiten des Internets auch für alle Zeit bekannt gemacht. Die Geschichte wäre anscheinend weniger dramatisch und somit weniger medienwirksam, wenn der Kontrast zwischen dem ‚alten‘ und dem ‚neuen‘ Ich nicht mit solchen Mitteln inszeniert würde. Die Einwilligung und Selbstbestimmung der trans* Menschen selbst spielt dann keine Rolle mehr.

Auch im Alltag wird trans* Personen häufig die Frage nach dem alten Namen gestellt. Dahinter verbirgt sich u.a. die Vorstellung, dass das bei der Geburt zugewiesene, bzw. ‚biologische‘ Geschlecht doch das ‚wahre‘ Geschlecht sei, bzw. dass andere Menschen ein Recht darauf hätten, diese ‚Wahrheit‘ auch zu erfahren. Die eigene Biographie wird somit zum öffentlichen Besitz. Der Begriff dead name und die Weigerung, diesen noch zu verwenden, ist insofern auch ein Widerstand von trans* Menschen gegen diese Vorstellungen. Im Umgang mit trans* Menschen sollte also der dead name als solcher respektiert werden, indem er nicht ohne explizite Zustimmung verwendet oder verbreitet wird. Da der dead name oft noch eine Weile oder dauerhaft der juristische Name ist, stellt dies Verwaltungen oft vor Herausforderungen. Das für 2023 geplante Selbstbestimmungsgesetz wird die Änderung des Namens vereinfachen und das Verbreiten des dead names unter Strafe stellen („Offenbarungsverbot“), sodass hier in Zukunft die Problematik entschärft werden könnte.


Literatur

  • Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) /Bundesministerium der Justiz (BMJ) (Hrsg.) (2022): Eckpunkte des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und des Bundesministeriums der Justiz zum Selbstbestimmungsgesetz.
    Online unter www.bmfsfj.de/…, Stand: 28.11.2022
  • Steadman, Sarah (2021): „That Name Is Dead to Me“: Reforming Name Change Laws to Protect Transgender and Nonbinary Youth. In: University of Michigan Journal of Law Reform, 55. Jg., S. 1-44.